23. März 1961: "Kritik am Bus-Bahnhof verfrüht"

23.3.2011, 06:00 Uhr
23. März 1961:

© Eva Hengmith

Zwar ohne formellen Beschluß, aber doch offensichtlich ziemlich einhellig stellten sich die Vertreter der Bürgerschaft hinter die Meinung, die Baureferent Stadtrat Heinz Schmeißner vertrat: „Es war die einzig denkbare Lösung!“ In den längeren Wortscharmützeln, die dieser Übereinstimmung vorausgegangen waren, hatte man zwar auf allen Seiten zugegeben, daß es über solche Dinge meistens mehrere Meinungen gibt: in diesem Fall aber blieben die Fraktionen bei der einmal beschlossenen Auffassung.

Es ist also nicht zu erwarten, daß der „ZOB“ noch einmal umgebaut wird – abgesehen von der  Anlage eines Fußgängertunnelastes zum Hauptbahnhof, der vordem schon vergessen gewähnt worden war.

Die Debatte hatte sich an einem Artikel unserer Zeitung vom 16. März entzündet, in dem die Kritik der Omnibus-Fachleute an der neuen Anlage ausgesprochen war: „Der Omnibusbahnhof – eine Fehlkonstruktion.“ Die SPD hatte, wie Stadtrat Albert Bleistein in seiner Begründung sagte, „in der Bevölkerung beträchtliches Aufsehen“ über diese Veröffentlichung festgestellt und daraufhin von der Verwaltung eine ausführliche Stellungnahme auf der gehobenen Plattform des Stadtratsplenums begehrt.

Heinz Schmeißner zeigte sich „dankbar, daß ich dazu Gelegenheit habe“, und betonte, daß jegliche Kritik an den Planungen verfrüht sei, solange sie nicht im großen Zusammenhang der Straßenumbauten voll funktionsfähig seien. Das gelte für den Omnibusbahnhof ebenso wie für die Neugestaltung des Leipziger Platzes und die neue Mittelinsel vorm Hauptbahnhof, die ebenfalls Gegenstand von Veröffentlichungen in letzter Zeit gewesen sind. „Fairerweise“ solle die Öffentlichkeit „mit der Kritik warten, bis das Bauwerk fertig ist!“ Und Bürgermeister Franz Haas verhieß, obwohl andererseits natürlich auch das Lob einer solchen Wartepflicht unterliegen müßte: „Es wird sich zeigen, daß alles reibungslos funktioniert!“

Der Baureferent schilderte anfangs die Vorgeschichte dieser Planung, die bis ins Jahr 1953 zurückreicht, und ihren Werdegang durch die verschiedenen Fach- und Stadtratsgremien ohne auf den eigentlichen Kernpunkt der Kritik einzugehen: daß es nämlich besser gewesen wäre, den Verkehrsablauf auf dem Omnibusbahnhof gegenüber dem Vorhaben der Stadt einfach umzudrehen. Er erklärte an Hand von Lichtbildern, warum der „ZOB“ so angelegt worden ist – aber nicht, warum er nicht hätte anders werden können.

Diese Frage brachte erst Stadtrat Georg Holzbauer (CSU) in die Debatte, unterstützt von seinem Fraktionskollegen Ludwig Imhof: „Dann sind die Bahnsteige falsch angelegt?“ Daraufhin ging Schmeißner jedoch sehr ausführlich auf die Alternativlösung ein, und stand auch nicht an, gewisse Schwächen der jetzigen Planung aufzuzeigen: besonders den Umweg, den die Busse nach der Ausfahrt aus dem „ZOB“ durch die Bahnhof-, Gleißbühl- und Marienstraße machen müssen. Denn die Ausfahrt ist, entgegen den Intentionen der Autobusmänner, nun doch nur nach rechts ausgebildet worden.

Das störende Linksabbiegen

Einen weit größeren Raum aber nahm, im Vortrag des Referenten und in den meisten  Diskussionsbeiträgen – vor allem von Bürgermeister Haas, Bleistein und v. Loeffelholz (FDP) -, die Kritik an der Kritik ein. Die Bahnhofstraße sei zu schmal für den Omnibusverkehr, hieß es, obwohl der Omnibusverkehr zur Zeit durch eben diese Bahnhofstraße geleitet wird. Ein Linksabbiegen am Marientunnel, wo doch auch die Straßenbahn nach links abbiegt, sei unangenehmer als an der künftigen Kreuzung Marienstraße-Badstraße. Und der Umweg, den die Busse künftig bei der Abfahrt machen  müßten, sei – ungeachtet der drei Ampeln, die sie zusätzlich passieren müssen - notwendigerweise in Kauf zu nehmen.

Zu der letzten Frage, die die Omnibusfahrer besonders stark in Harnisch gebracht hatte, bemerkte der Bürgermeister, man dürfe nicht nur von den Erfordernissen der Buslinie nach Zabo ausgehen: der „ZOB“ werde schon nach dem jetzigen Stand der Meldungen von 31 Buslinien angesteuert werden, die längst nicht alle nach Süden führen. „Wenn es nur um den Zabo-Bus ging, wäre es wirklich eine Fehlkonstruktion!“ Franz Haas teilte jedoch nicht mit, wie sich diese 31 Busse in die Gesamtfrequenz des umstrittenen Projekts teilen werden, was das Bild erst vollständig gemacht hätte. Auf der anderen Seite wurde auch von keinem Redner die Frage der Straßenbahn nach Zabo angeschnitten, die für die Beurteilung der „ZOB“-Situation entscheidend wäre – wie überhaupt wesentliche Gesichtspunkte des Problems gar nicht in der Debatte auftauchten.

„Recht auf Meinung Selbstverständlichkeit“

Der Rat vertraute statt dessen den Argumenten des Baureferenten, die in der Tat außerordentlich überzeugend waren, schloß sich – so Bleistein und Imhof – der Gegenmeinung nur in der Forderung auf den Tunnelast erneut an und beschäftigte sich statt dessen lieber mit der Frage der Kritik an der Stadt ganz allgemein. Da bescheinigte man den Bürgern und den Zeitungen aber auch deutlich das Recht auf Meinung zu kommunalen Vorgängen unisono als demokratische Selbstverständlichkeit: vor allem Erich v. Loeffelholz mit nachdrücklichen Worten, und ebenso der Oberbürgermeister und der Baureferent. Und CSU-Fraktionschef Dr. Oscar Schneider schloß: "Man muß für die Anregung dankbar sein, die jetzt die Dinge klargestellt hat!“ Das Fazit der Sache: die kleinen Wünsche, die im Lauf der Debatte protokolliert worden waren, werden dem Verkehrsausschuß zur Beratung überwiesen.

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 23. März 1961

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