24. Mai 1970: Nürnberger "Schnauferl-Rallye"

24.5.2020, 07:00 Uhr
24. Mai 1970: Nürnberger

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Wenn auch mancher aus seinem blankgeputzten Kabriolett recht verfroren heraussah, so erschien mittags wenigstens die Sonne am Himmel. Es wäre auch wirklich zu schade gewesen, wenn die zahlreichen Veteranenautos einen nassen Empfang gehabt hätten. Bereits vor 13 Uhr tuckerten sie auf allerlei Wegen hinaus zur Zeppelinwiese. Ein Teil war vornehm verladen, die meisten jedoch ließen es sich nicht nehmen, ihr kostbares Hobby selbst zur technischen Überprüfung zu chauffieren. Über tausend Kilometer zur Schnauferl-Rallye hatte Philipp Taylor zurückgelegt.

Am Dienstagmorgen war der Direktor eines Birminghamer Transportunternehmens zusammen mit seiner Frau in einem seiner zwölf Rolls-Royce-Oldtimer gestartet. Das teure Stück, für das dem Besitzer bereits zweimal sechstausend Pfund geboten wurden, ist bereits seit zehn Jahren in seinem Besitz. „Damals habe ich dafür 375 Pfund bezahlt“, erzählt er. Bis 1950 gehörte der Rolls dem Maharadscha von Kaschmir. Heute „hört“ er auf den Namen Emma und hat seine neuen Besitzer heil und bequem durch Europa und bis nach Afrika gefahren. „Der Wagen hat schon 600 000 km auf dem Buckel“, berichtet Taylor stolz.

Mit einem der ältesten Fahrzeuge am Start ist der Tscheche Oldrich Charvát aufgekreuzt, der als einziger der eingeladenen Schnauferl-Besitzer seines Landes die Ausreisegenehmigung erhielt: „Ich habe privat gute Beziehungen, darum durften meine Frau und ich zur Rallye kommen. Unsere Tochter mußte jedoch drübenbleiben – sicherheitshalber, damit wir auch wiederkommen.“

Das Ehepaar Charvát fährt einen „Ruppe & Sohn“ aus dem Jahre 1904, der zwar einem Museum gehört, den der Automechaniker Charvát jedoch hegt und pflegt und in seiner Garage stehen hat. „Ich darf den Wagen fahren, wann ich will.“ In der Bundesrepublik ist er zum ersten Male, aber bei Rallyes in Österreich hat er bereits Preise errungen.

Eine Luxuskarrosse, einen Mercedes Baujahr 1925, fährt der Präsident des allgemeinen Schnauferl-Clubs, Röhl. Der Wagen war seinerzeit eine Spezialanfertigung für den Sänger Richard Tauber, wurde dann lange Zeit stillgelegt, und erst Röhl „möbelte“ ihn wieder auf. Obwohl man ihm 200 000 Mark für den Wagen geboten hat, will er sich von ihm nicht trennen. Der Technische Überwachungsverein hatte gewiß selten so wenige Beanstandungen, wie bei den altertümlichen Schnauferln. Die meisten Fahrzeuge sind in einem ausgezeichneten Zustand. Für sein Hobby opfert man eben international gerne Zeit und Geld.