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26. Januar 1972: Die Schulden des Clubs: 1 Million DM

26.1.2022, 07:00 Uhr
26. Januar 1972: Die Schulden des Clubs: 1 Million DM

© /Friedl Ulrich

Es sei denn, die Stadt hilft dem Verein noch einmal aus der Patsche. Der Finanzskandal ist viel größer, als zunächst vermutet worden war. Die kurzfristigen Schulden betragen mindestens eine Million DM. Das Thema „Club“ wird heute im Stadtrat behandelt. Es steht jedoch noch nicht fest, ob die Stadträte zu einem Entschluß kommen, weil genaue Finanzunterlagen vom Verein noch ausstehen und verschiedene Lösungsmöglichkeiten erörtert werden. Schon einmal war die Stadt im letzten Moment als rettender Engel eingestiegen. Das war nach dem Abstieg aus der Bundesliga im Jahre 1969, als die Schulden vor allem durch die enormen Kostensteigerungen beim Bau der neuen Valznerweiheranlage (OBM Dr. Urschlechter: „Ein viel zu groß geschneiderter Anzug“) auf 4,75 Millionen DM angestiegen waren. Mit Hilfe der Stadt – verlorener Zuschuß 380 000 DM und ein günstiges Darlehen von 1,5 Millionen DM – gelang eine Umschuldung, die die Schlinge lockerte. Mittlerweile konnte der Schuldenberg auf 3,7 Millionen DM langfristiger Verbindlichkeiten abgetragen werden. Oberbürgermeister Urschlechter nahm sich gestern vor der Presse kein Blatt vor den Mund. Er kritisierte nicht nur die leichtfertige Haushaltspolitik des Vereins, sondern auch die Großzügigkeit, mit der die frühere Vorstandschaft in Personalangelegenheiten verfuhr: „Wenn man die Trainerfrage betrachtet, hat man das Gefühl, das ist alles so fremdenlegionärsartig.“ Das Stadtoberhaupt ließ mehrere Wege offen, auf denen dem Club geholfen werden kann. Eine Möglichkeit böte der Verkauf des 35 000 Quadratmeter großen Geländes zwischen der Regensburger und Viatisstraße als Anhängsel am Sportpark Valznerweiher. Doch das Land Bayern als früherer Eigentümer hat darauf ein Wiederkaufsrecht.

Noch ist nicht geklärt, ob der Staat dem Club erlaubt, daß er das damals für einen Quadratmeterpreis von fünf Mark erworbene Gebiet zu einem Vielfachen weiterveräußert und den Gewinn zur Deckung seiner Schulden verwendet. Denn nach der Grundstücksaffäre in Ingolstadt gibt es einen Landtagsbeschluß, demzufolge staatliche Grundstücke nicht mehr gewinnbringend veräußert werden dürfen. Natürlich könnte die Stadt wieder mit Subventionen einspringen. Der Oberbürgermeister befürchtet allerdings, daß daraus ein Faß ohne Boden wird: „Die anderen Sportvereine werden mich wahrscheinlich rasieren und fragen: ,Und wie steht es mit uns?‘“ Diese, des Oberbürgermeisters Meinung, braucht – auch das kam gestern zum Ausdruck – nicht unbedingt die Meinung des ehrenamtlichen Stadtrats zu sein. Denn jedermann weiß: in wenigen Monaten sind Kommunalwahlen und der Club ist doch immer noch populär. Daran werden auch die Befürchtungen von Rechtsreferent Dr. Richard Sauber wenig ändern, der den Club schon mit den städtischen Bühnen vergleicht: „Eines Tages haben wir dann ‚Kammerfußballer‛.“ Das letzte und schlimmste wäre der tatsächliche Konkurs des FCN, denn dann wäre die teure Vertragsspielermannschaft ganz ohne Verein und müßte entsprechend den DFB-Statuten in der C-Klasse wieder anfangen. Ironisch bemerkte dazu das Stadtoberhaupt: „Der nächste Gegner des Clubs wäre dann der FC Rangierbahnhof.“ Aber sogar dann fände er noch etwas Positives. Absteigen könnte der Club nicht mehr, höchstens noch aufsteigen. Die Vorstandschaft des 1. FCN stellte sich in einer Presseerklärung gestern abend vor den bisherigen Schatzmeister Adam Winkler. Es sei irrig, von Finanzmanipulationen zu sprechen, und Winkler damit als Alleinverantwortlichen hinzustellen.

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