29. Mai 1970: Wegfall der Prozession umstritten

29.5.2020, 07:00 Uhr
29. Mai 1970: Wegfall der Prozession umstritten

© Kammler

Bayerns Arbeitsminister Dr. Fritz Pirkl bedauerte, daß in Nürnberg mit der langjährigen Tradition gebrochen wurde; die CSU-Stadträte Georg Holzbauer und Helmut Bühl dagegen äußerten sich befriedigt, weil „Gottesdienst und Kommunionfeier nunmehr ihre wesentliche und zentrale Bedeutung erhalten haben.“

Um die Jahrhundertwende ist in der Pfarrei „Unsere Liebe Frau“ der Brauch eingeführt worden, an Fronleichnam die Monstranz um Haupt- und Obstmarkt zu tragen. Diese Prozession war besonders während des Dritten Reiches für viele Katholiken Gelegenheit zu einem öffentlichen Glaubenbekenntnis, das damals in Nürnberg von ganz besonderer Bedeutung war. Nach 1945 wurde die feierliche Prozession auf die Straßen der Innenstadt ausgedehnt.

Seit Jahren gab es jedoch, vor allem unter der jüngeren Generation, Debatten über den Sinn dieser Art der Gottesverehrung. Durch Mehrheitsbeschluß wurde bestimmt: keine Prozession mehr, sondern ein eucharistisches Opfermahl. Das Leitwort: „Er – die Mitte.“

Nürnbergs Stadtdekan Paul Holzmann ließ erkennen, wie sehr um die Gestaltung des Fronleichnamsfestes in Nürnberg gerungen wurde. Aufgabe der gemeinsamen Kommunion sei es, als wandelndes Gottesvolk den Leib des Herrn in diese Zeit hineinzutragen – so wie die Kirche zwischen den Verfolgungen der Jahrhunderte dahinschreitet, so bleibt auch dem Christen der Weg über den Ölberg zum Kreuz nicht erspart, um zur Auferstehung des Lebens zu gelangen.

Lesungen und Fürbitten wurden von Vertretern der Pfarrgemeinderäte vorgetragen, unter anderem von einem Mädchen. Im Mittelpunkt der Feier stand die Austeilung der Kommunion: Geistliche gingen unter das Volk und spendeten die Eucharistie.

In einigen Gemeinden wie St. Willibald, St. Walburga, Altenfurt und Reichelsdorf fanden heuer die herkömmlichen Prozessionen statt. Die Pfarreien Allerheiligen, St. Anton, Franziskus, St. Georg, Herz-Jesu, St. Ludwig, St. Martin und St. Theresia führen sie – wie in den vergangenen Jahren – am Sonntag in den Straßen durch. 

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