3. Februar 1971: Hasch-Welle wie Epidemie

3.2.2021, 07:26 Uhr
3. Februar 1971: Hasch-Welle wie Epidemie

© ARD/Röhnert

Obermedizinalrat Dr. Hermann Heubeck forderte neben einer intensiven Aufklärung der Jugendlichen vor allem möglichst sofortige Hilfe und den Ausbau der weiteren Betreuung. Seit 1968 hat die Stadt Erfahrungen in der Betreuung von Süchtigen gesammelt. Der Missbrauch von Drogen habe, so Dr. Heubeck, vor allem im vergangenen Jahr in Nürnberg wie eine Epidemie um sich gegriffen. Während 1969 nur zehn Jugendliche wegen eines Verstoßes gegen das Opiumgesetz mit den Paragraphen in Konflikt kamen, waren es 1970 bereits 108. Allein im Januar dieses Jahres wurden zehn Fälle registriert – soviel wie während des ganzen Jahres 1969.

Insgesamt wurden 351 Personen beraten – auch telefonisch – von denen rund ein Drittel bereits drogenverdächtig ist. Außerdem wurde 181mal mit Eltern gesprochen, die annahmen, dass ihre Kinder Drogen zu sich nehmen. Oft waren die Anrufe anonym. Auskunft wurde dennoch erteilt. Denn das gesamte Beratungssystem basiert ohnehin auf der ärztlichen Schweigepflicht. Niemand braucht zu befürchten, dass die Polizei eingeschaltet wird oder dass die Eltern von ratsuchenden Jugendlichen benachrichtigt werden.

Dr. Heubeck berichtete, dass sogar eine Zwölfeinhalbjährige zu ihm kam. Als die hauptsächlichen Motive für die Einnahme von Rauschgiften ermittelte der Mediziner gestörte Familienverhältnisse, Liebeskonflikte, Schwierigkeiten in Schule oder Beruf, Minderwertigkeitsvorstellungen und Nervosität. Häufig war reine Neugierde der Anstoß für den ersten "Trip".

Über 50 Prozent der Nürnberger Jugendlichen, erklärte Dr. Heubeck, haben falsche Vorstellungen von den Auswirkungen des Rauschgiftgenusses, die fast durchwegs verharmlost werden.

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