3. Juli 1969: Tränengas und Stinkbomben

3.7.2019, 07:00 Uhr
3. Juli 1969: Tränengas und Stinkbomben

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Lang andauernde Buh- und Pfui-Rufe wechselten mit lautstarken Krawallen und handfesten Schlägereien, bei denen sogar Messer aufblitzten, Stinkbomben detonierten und Tränengas versprüht wurde. Diese Zwischenfälle gingen jedoch nicht auf das Konto der überwältigenden Mehrheit der Studenten: eine kleine Gruppe arabischer Kommilitonen sorgte pausenlos für Störungen.

Ihre permanenten Aktionen hinderten den Botschafter fast zwei Stunden lang daran, eine kurze Ansprache über die Situation im Nahen Osten zu halten. Ruhe kehrte erst wieder ein, nachdem deutsche Studenten zum Gegenangriff übergegangen und einen Teil der Störenfriede regelrecht an die frische Luft befördert hatten.

Asher Ben Natan war von der Studentenvertretung der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zu dem Diskussionsabend eingeladen worden. Der Botschafter kam jedoch von 20 bis 21.45 Uhr kaum dazu, einen zusammenhängenden Satz zu sprechen. Er wurde immer wieder von aufgebrachten arabischen Studenten unterbrochen, die auf Transparenten den Zionismus mit Faschismus gleichsetzten und ihre Parolen auf Transparenten zur Schau trugen: „Schalom und Napalm“, „21 Jahre sind genug“, „Nieder mit den Reaktionären“, „Mörder“.

Mehrmalige Abstimmungen unter den fast 500 Studenten im überfüllten Audimax befürworteten zwar einen viertelstündigen Vortrag von Asher Ben Natan mit einem arabischen Ko-Referenten, aber sobald der Botschafter beginnen wollte, wurde er mit „El Fatah“- Rufen niedergeschrien. Während Asher Ben Natan gelassen am Mikrofon stand, kam es zu Schlägereien: deutsche Studenten stürzten sich auf die Araber, die aus Frankfurt und Erlangen „herbeigekarrt“ worden waren. Auch auf wiederholte Ermahnungen von SOS-Leuten, die mit ihnen sympathisierten, trat keine Ruhe ein.

Daraufhin wurde die Versammlung geschlossen. Diesen Beschluß des Diskussionsleiters hob die Mehrheit der Studenten gleich wieder auf. Franz Mödel, Vorsitzender der Studentenvertretung, erläuterte die Entscheidung so: „Das Risiko ist uns zu groß. Wie leicht kann da eine Messerstecherei losgehen.“ Seine Vermutung war nicht unbegründet: nachdem mehrere Stinkbomben geworfen und Tränengas versprüht worden war, zogen einige angriffslustige Araber lange Fahrtenmesser aus der Tasche.

Was die fehlenden Ordner nicht zuwege brachten, schaffte schließlich eine entschlossene Gruppe von WiSo-Studenten: sie warf die Störenfriede kurzerhand vor die Tür. Kurz vor 22 Uhr war es dann dem Botschafter möglich, den Standpunkt Israels und den Konflikt im Nahen Osten zu erläutern. „Es wird keine Ruhe geben“, prophezeite er, „solange die Araber ihren Standpunkt nicht lindern und unseren Staat und unser Lebensrecht anerkennen“. Während Asher Ben Natan bei seiner kurzen Rede immer, wieder von Beifall unterbrochen, wurde, erntete sein arabischer Ko-Referent („Liebe Genossen“, „Israel – ein kolonialistischer Siedlerstaat“) für seine Tiraden Hohn und Spott.

Der israelische Botschafter, der kürzlich auch in Frankfurt und Hamburg mit Krawallen empfangen worden war, nahm die Ausschreitungen nicht ernst. „Ich fühle mich nicht gekränkt“ meinte er am Ende des aufregenden Abends, „weil die Mehrheit der deutschen Studenten nicht so denkt wie die radikale arabische Minderheit“, Mit einem Seitenhieb auf seine Kritiker verabschiedete er sich: „Diese Veranstaltung zeigte wieder einmal mehr, wie sich der Pöbel verhält.

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