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30. Oktober 1971: Der König steht im Gästebuch

30.10.2021, 07:00 Uhr
30. Oktober 1971: Der König steht im Gästebuch

© Kammler

3.000 aktive und passive Mitglieder zählt der TSV 1846 momentan. 15 verschiedene Sportarten werden trainiert und im kommenden Jahr sollen noch zwei neue Sparten, eine Tischtennis- und eine Tanzsportabteilung, dazukommen. Die meisten Anhänger – es sind rund 1.000 – aber hat nach wie vor jene Sportart, um deretwillen der Verein gegründet wurde: die Turnerschaft.

Man schrieb das Jahr 1846. Das Königreich Bayern bestand gerade 40 Jahre unter König Ludwig I. und Turnvater Jahn hatte seine Ideen von der Turnbewegung halbwegs ausgefochten. Da gründete der Nürnberger Lehrer Völkel den TV 1846 Nürnberg.

Dabei war das Turnen damals gar nicht so ungefährlich. Nach nicht einmal vierjährigem Bestehen wurde der Verein, der heute TSV 1846 heißt, nämlich schon wieder aufgelöst. Mit Polizeigewalt. Denn Turnen war zu der Zeit zwar „frisch, fromm und fröhlich“, nur nicht „frei“.

So kamen des Königs Gendarmen und holten die 1848 – so die Chronik – „von Frauen und Jungfrauen gestiftete Fahne“ aus dem Versteck unter dem Fußboden der Wohnung des ersten Turn-Sprechers Goldberg hervor. Heimlich, wie eine Untergrundbewegung, bestand der Verein aber weiterhin. 15 Turner trafen sich unter sorgfältigen Sicherungsmaßnahmen im „Sächsischen Hof“ zu ihren Übungen.

Grundstein in der Turnstraße

Am 1. Mai 1859 trat der TSV dann wieder aus seiner Versenkung hervor und existierte unter dem Namen „Gymnastischer Verein“, bis er dann ein Jahr später wieder in einen Turnverein umgewandelt wurde. 460 Mitglieder zählte er zu dieser Zeit. Der Pfingstmittwoch ist ein denkwürdiger Tag in der 125jährigen Vereinsgeschichte: da wurde der Grundstein zur Turnhalle an der Oberen Turnstraße gelegt.

1863 wurde das „Fremdenbuch, dem Turnverein gewidmet“, angelegt. Aber erst drei Jahre später unterschrieb der erste Gast. Es war „Seine Königliche Hoheit, Ludwig II., König von Bayern“. Schwungvoll prangen darunter die Schriftzüge von „Ludwig Prinz von Bayern“ anno 1877 und „Prinz Rupprecht von Bayern“ setzte 1901 seinen Namenszug dazu.

Die letzten Prominenten, die sich in dem in kostbares Leder gebundenen Buch verewigt haben, sind – es war beim 120jährigen Bestehen 1966 – Ministerpräsident Dr. Alfons Goppel und Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter.

Der Turnverein turnte nicht nur, er gründete auch Nürnbergs erste Feuerwehr. 73 Mann waren ab dem 1. November 1864 mit ihrer Feuerspritze für Brände in den heutigen Stadtteilen Gostenhof und Johannis zuständig. So lange, bis 1912 eine Berufsfeuerwehr gegründet wurde.

Verwundete in der Halle?

Als 1866 die Preußen kamen, war‘s vorerst aus mit der Turnerei in der Halle. Wo vorher stramme Riegen standen, lagen jetzt verwundete Soldaten. Auch im ersten Weltkrieg war das so und bei Kriegsausbruch 1939 quartierte sich dort die Feldpost ein.

Nach dem ersten Weltkrieg holten sich die Sportler des TSV 1846 wieder einen Titel und eine Meisterschaft nach der anderen. Einige Male wurde der von König Ludwig gestiftete „Königspokal“ gewonnen. 1930 erlebte der Verein seinen Höhepunkt: die Bilanz ergab, daß 10 000 Sportler in 117 Riegen an den Übungsstunden teilnehmen. Die Jahre nach 1945 wurden die 1846er aktiver denn je: sie kämpften auf vielen nationalen und internationalen Meisterschaften um sportliche Lorbeeren, stellten Sieger in den verschiedensten Disziplinen.

Moderne Freizeitschule

Wenn es nach dem Vorstand geht, soll das auch weiterhin so bleiben. Mit noch moderneren Anlagen – der TSV besitzt fünf Sportplätze, sieben Tennisplätze mit einem dazugehörenden Heim, eine Turn- und Festhalle; daneben ist er seit 50 Jahren Pächter des Naturgartenbades –, und noch mehr Initiative auf der Suche nach sportbegeisterten jungen Menschen.

Der Erste Vorsitzende Willi Klein: „Es ist unser Ziel, den Verein zu einem modernen Freizeitclub zum Zwecke der Gesundheit, des Breitensports und des Leistungssports auszugestalten“. Deshalb soll auch noch eine Sporthalle nach internationalen Maßen gebaut werden. Aber wie bei allen Vereinen muß auch beim TSV 1846 ein solches Projekt vorläufig zurückstehen, wenn das fehlt, um das sich letztlich auch das Sportleben dreht: das liebe Geld.

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