4. Dezember 1968: Ein „Marktplatz“ in drei Etagen

4.12.2018, 07:00 Uhr
4. Dezember 1968: Ein „Marktplatz“ in drei Etagen

© Kammler

Dazu kommen später das höchste bayerische Hochhaus mit 30 Stockwerken sowie ein weiterer Block mit 23 Geschossen, ein Schwimmbad, eine Bowlingbahn und viele andere Attraktionen. Insgesamt kostet der in drei Abschnitte geteilte Komplex rund 70 Millionen DM.

Allerdings existiert der „Marktplatz von Langwasser“ vorläufig nur im Modell, das die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Nürnberg gestern stolz der Öffentlichkeit präsentierte.

Nachdem erst vor kurzer Zeit das Gemeinschaftshaus als wesentlicher Bestandteil des Zentrums seiner Bestimmung übergeben worden ist, sollen in den nächsten drei Jahren alle anderen wichtigen Abschnitte folgen. Zunächst kommt das eigentliche Einkaufszentrum an die Reihe. Es soll den sporadischen Bedarf der Bewohner decken, weil für den täglichen Einkauf ohnehin schon in den Nachbarschaften Läden vorhanden sind.

Die „Werner-Otto-Grundstücksentwicklungs-Gesellschaft“ Hamburg hat die Bauträgerschaft übernommen und will bis zum Oktober nächsten Jahres den riesigen dreigeschossigen Komplex auf 44.000 Quadratmetern fertiggestellt haben. Rund 40 Mieter ziehen ein, darunter namhafte Nürnberger Firmen der verschiedensten Branchen. Den Abschluß bildet ein großes Karstadt-Kaufhaus. Darüber hinaus wurde auch an die Schönheit, die Gesundheit, an Freizeit, Hobby und das Auto gedacht.

Allein für das Geschäftszentrum werden 15.000 Parkplätze zur Verfügung stehen, die später jederzeit zu einem Parkhochhaus aufgestockt werden können. Das Ganze wird einem orientalischen überdachten Bazar gleichen, nur in moderner Ausführung. Denn von U-Bahnhof zu U-Bahnhof können die Kunden den Schaufensterbummel in trockenen, klimatisierten Wandelgängen erleben.

Die Bauträgerschaft des 30geschossigen Hochhauses mit rund 90 Metern Höhe – es soll 1971 vollendet sein – teilen sich die WBG und die Stadtsparkasse, die dort eine moderne Zweigstelle errichten will. Weitere Läden in den ersten Stockwerken, Büros und die Hauptgeschäftsstelle der WBG liegen unter den 23 Stockwerken, die für Wohnungen vorgesehen sind. Den krönenden Abschluß bildet ein Restaurant auf der Dachterrasse mit freiem Blick auf die Burg.

Als dritter und letzter Teil der City entsteht das zweite Hochhaus, dessen Bauträger noch nicht feststeht. Doch die Verhandlungen gehen dem Ende entgegen. 500 Wohnungen sollen in den 23- und 20geschossigen Trakten älteren Menschen ein neues Zuhause geben, in dem sie selbständig ohne die Heimatmosphäre leben können, aber trotzdem nicht auf die Nähe von Arzt, Schwester, Heilbädern oder Saunen verzichten müssen. Für sie und die ganze Bevölkerung sind in einem Nebentrakt nämlich ein Hallenbad, Massageräume, Sauna, Restaurant, Pflegestation und ähnliche Einrichtungen vorgesehen.

Rund 25.000 Menschen leben bereits in der Trabantenstadt, im nächsten Jahr werden es voraussichtlich 30.000 sein. 90 Prozent der Einwohner antworteten bei den Umfragen, sie würden wieder nach Langwasser ziehen und sie bräuchten Nürnberg nicht mehr, wenn sie ihr eigenes Zentrum hätten. Da in den nächsten Jahren nicht nur die City sondern auch die Wohnungsbauten weitergehen, rechnet die WBG einmal mit 60.000 bis 65.000 Bürgern, die dort einkaufen werden, wenn nicht durch die günstigen Verkehrsverbindungen die Zahl noch ansteigt. Denn Langwasser wird von drei Autobahnzubringern berührt, U-Bahnhöfe und einen Omnibus-Bahnhof besitzen, wenn alle Pläne verwirklicht sind.

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