5. April 1965: Echte Geburtstagsüberraschung

5.4.2015, 07:00 Uhr
5. April 1965: Echte Geburtstagsüberraschung

© Gerardi

Zuvor sprach Oberbürgermeister Dr. Urschlechter im Schmuck der goldenen Amtskette, dem Referenten für Rechts- und Ordnungsverwaltung, dem berufsmäßigen Stadtrat Hans Thieme, Dank und Anerkennung für seine 25jährige Dienstzeit bei der Stadtverwaltung aus. Den langjährigen berufsmäßigen Stadträten Josef Reindl und Andreas Staudt, die bis vor kurzem das Personalreferat und das Schul- und Kulturreferat geleitet haben und sich jetzt im Ruhestand befinden, händigte der Oberbürgermeister die Gedenkmünze der Stadt für 50 Jahre treue Dienste aus und dankte ihnen für ihr erfolgreiches Wirken.

Dann bat Dr. Urschlechter den Jubilar, Stadtrat August Meier, der bis zu diesem Augenblick keine Ahnung von der Ehrung hatte, die ihm widerfahren sollte, neben sich auf den Platz von Bürgermeister Haas, der wegen seiner Erkrankung noch nicht an der Sondersitzung teilnehmen konnte. In einer kurzen Ansprache würdigte der Oberbürgermeister den Lebensgang des Jubilars, seine großen Verdienste um das kommunalpolitische Leben Nürnbergs als Stadtrat seit 1919 und als Fraktionsvorsitzender der SPD von 1952 bis 1960.

„Sie haben sich in einem 46jährigen, ehrenamtlichen Wirken“, wandte sich Dr. Urschlechter an den Jubilar, „um die Bürgerschaft und um die Stadt Nürnberg besonders verdient gemacht. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 31. März einstimmig meinem Antrag entsprochen, Sie zum Ehrenbürger der Stadt zu ernennen.“ Mit einem herzlichen Glückwunsch überreichte er August Meier die Urkunde der Ehrenbürgerschaft.

„Ich hätte gewünscht“, meinte der Jubilar in seiner Erwiderung, „diesen Tag in aller Stille begehen zu können. Auch ist mir noch nicht ganz klar, wofür ich das alles verdient haben soll. Trotzdem empfinde ich diese Ehrung als einen Höhepunkt meines Lebens, den ich nicht erwartet habe. Ich danke aus vollem Herzen für die Ehre und Freude, die Sie mir gemacht haben.“

Festliche Musik von Dittersdorf, durch das Horvath-Streichquartett dargeboten, schloß die Feierstunde ab, zu der auch Staatssekretär Dr. Fritz Pirkl, Bundestagsabgeordneter Georg Stiller und Stadtrat Ludwig Koch als Vertreter des Münchener Oberbürgermeisters Dr. Vogl erschienen waren.

Große Geschenke

Die Gratulationscour setzte sich bei einem Mittagessen im Heilig-Geist-Spital fort, bei dem auch der Jubilar allmählich seine Hemmungen verlor und sich vom Schreck der plötzlichen Ehrenbürgerschaft erholte. Stadtrat Willy Prölß, sein Nachfolger im SPD-Fraktionsvorsitz, gratulierte ihm herzlich und überreichte einen großen Blumenstrauß. Der Fraktionsvorsitzende der CSU, Dr. Oscar Schneider, bezeugte seinen Respekt vor der konsequenten demokratischen Haltung von August Meier, auch während des NS-Regimes, und überreichte ihm einen Becher (oder Humpen) aus dem er ihn zu trinken bat, „wenn wir Ihnen, was Gott verhüten möge, einmal Sorgen bereiten sollten“. Für die FDP-Fraktion würdigte Stadtrat Karl M. C. Laurer die jahrzehntelange gute Zusammenarbeit.

Als „Altersältester“ der berufsmäßigen Stadträte, „die im Gemeinderat zwar einen Sitz, aber keine Stimme haben“, erklärte sich Professor Dr. Johann Sebastian Geer mit dem Beschluß des Stadtrates von Herzen einig. Er dankte dem Jubilar für das gute Verständnis, das er immer für die Arbeit in der Verwaltung bewiesen habe und auch für die offene und ehrliche Kritik, die er übte, wenn es ihm am Platze schien. „Daß es gelungen ist, die aufstrebende Arbeiterschaft in den Geist dieser Stadt mit einzuschmelzen, daß der Übergang aus der bürgerlichen in die moderne Gesellschaft ohne Bruch vor sich ging, das ist mit eines Ihrer höchsten Verdienste.

August Meier ist der 37. Bürger, den die Gemeinde Nürnberg im Zeitraum von 150 Jahren zum Ehrenbürger ernannte, und der ist zugleich der einzig lebende Ehrenbürger. Wenn man die Namen seiner 36 Vorgänger durchgeht, dann stößt man auf zahlreiche hohe Beamte, Staatsräte, Regierungsdirektoren und Staatsminister, denen wohl nicht nur aus kommunalpolitischen Gründen diese hohe Ehre zuteil wurde.

Ehrenbürger waren aber auch so verdiente Männer wie Johann Lothar von Faber, die Professoren und Direktoren der Kunstgewerbeschule August Kreling und Friedrich Wanderer, der Direktor des Germanischen Nationalmuseums, August von Essenwein, die großen Mäzene Ludwig von Gerngros und Heinrich Berolzheimer, Oberbürgermeister Dr. von Schuh und Archivdirektor Dr. h. c. Ernst Mungenhoff.

Die drei letzten Ehrenbürger der Stadt waren der Reichspräsident von Hindenburg, der Geheime Komerzienrat Dr. Dr. h. c. Oskar Ritter von Petri und Oberbürgermeister Martin Treu.

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