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5. Januar 1972: Lauer Winter heizte den Händlern ein

5.1.2022, 07:00 Uhr
5. Januar 1972: Lauer Winter heizte den Händlern ein

© Rudolf Contino

Wintermäntel blieben liegen, Pelze hingegen nicht. Die Felle dienen den Damen augenscheinlich weniger als Schutz gegen die Kälte, sie werden vielmehr als Kapitalanlage betrachtet. Eine weitere Auswirkung des ungewöhnlichen Winters: Viele Geschäfte ziehen die Winterschlußverkaufszeit mit Sonderangeboten vor. Modehaus Fischer: „Mit dem Dezember-Geschäft sind wir ganz zufrieden. Allerdings sind vor allem Mäntel und wärmere Strickwaren liegengeblieben. Deshalb sollen die Kunden jetzt schon durch Sonderangebote zum Kaufen angelockt werden. Denn der Beginn des Winterschlußverkaufs fällt heuer so ungünstig auf den 31. Januar, daß es dann zu spät ist, die Lager noch zu räumen. Fazit: Ein Unglück kommt selten allein.“

Modehaus Wöhrl: „Das ungewöhnlich warme Wetter hat sich schlecht auf den Umsatz ausgewirkt. Es gilt jetzt zu retten, was noch zu retten geht, um überhaupt ins Geschäft zu kommen. Besonders schwacher Absatz bei Wintermänteln und Skibekleidung. Mit Preisschlagern warten wir nicht bis zum Schlußverkauf. Gutes Geschäft eigentlich nur zu Beginn der Saison mit ausgesprochen modischen Stücken.“

Pelzhaus Reißner: „Wir hatten eine bessere Saison als im Vorjahr. Ein Pelzmantelkauf hängt heute nicht mehr unbedingt von der Witterung ab. Vielmehr betrachtet der Kunde seinen Persianer als ein Wertstück, als Geldanlage. Stagnation ist nicht zu vermelden. Beliebteste Preislage bei Pelzmänteln (die wieder kürzer werden): zwischen 2000 DM und 4000 DM.“

Boutique Madame: „Natürlich hat sich das Wetter auf den Umsatz ausgewirkt. Vor allem Mäntel und Stücke, die man eigentlich unter Herbstbekleidung einreiht, füllen noch das Lager. Um das so bald wie möglich frei zu bekommen für die neue Kollektion, verkaufen wir auch jetzt schon unter Preis.“

Sport-Scherm: „Im Vergleich zum Vorjahr ist der Absatz bei Skibekleidung, Anoraks, Hosen und Anzügen um einiges schlechter. Das ist bedingt durch die Witterung, aber auch durch die allgemeine wirtschaftliche Lage.“ Werner Stamm, Herren-Ausstatter: „Der warme Winter hat sich ausgewirkt, vor allem bei den Mänteln. Unsere Materialien sind aber so gut, daß wir sie im nächsten halben Jahr teurer einführen müßten, als wir sie jetzt im Besitz haben. Der Winter kommt sicherlich noch und wir werden von unseren Beständen herunterkommen. Im übrigen hat sich die Erweiterung des Geschäftes sehr positiv ausgewirkt. Allgemein kann gesagt werden, daß das Geschäft schlechter war als 1970.

Fellner-Moden: „Wir hatten ein überdurchschnittlich gutes Geschäftsjahr. Die Umsatzsteigerung war so groß, wie seit Jahren schon nicht mehr. Ausnahme: auf den Mänteln sind wir sogut wie restlos hängen geblieben. Um so größer waren die Umsätze in Hosen, Hosenanzügen, Stricksachen. Unseren Stammkunden bieten wir zur Zeit die restliche Ware zu Vorzugspreisen an, ab Donnerstag werden wir die übrige Bevölkerung darauf aufmerksam machen. Wenn der Winterschlußverkauf beginnt, stellen wir die neue Frühjahrskollektion vor.“ China-Laden: „Unsere Spezialität ist die reine Seide, Winterware führen wir nur vereinzelt. Davon ist uns nicht viel übrig geblieben.“ Kaufhof: „Das Geschäft mit Mänteln, warmer Wäsche, Sportartikeln war naturgemäß schwach. Da hätte es auch nichts genützt, wenn wir die Preise heruntergesetzt hätten. Was der Mensch nicht braucht, das kauft er nicht. Mit dem Winterschlußverkauf beginnen wir pünktlich am 31. Januar. Bis dahin wer-den wir allerdings einzelne Artikel immer wieder zu Vorzugspreisen anbieten.“

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