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7. Juli 1971: Bauausschuß staunt über teure „U-Bahn-Möbel“

7.7.2021, 07:00 Uhr
7. Juli 1971: Bauausschuß staunt über teure „U-Bahn-Möbel“

© Ulrich

Die Kommunalpolitiker, die wegen der Ebbe in der städtischen Kasse und wegen der laufenden Preissteigerungen ohnehin jede Mark zweimal umdrehen, lehnten diesen hohen Aufwand einstimmig ab. Baureferent Otto Peter Görl muß sich jetzt auf eine Generaldebatte über die Ausstattung der U-Bahn-Stationen vorbereiten, bei der Sparsamkeit oberstes Gebot sein wird.

Erich Wildner, der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende, war auf diese Einzelheiten gestoßen, als Görl dem Ausschuß höhere Kosten für den Innenausbau des U-Bahnhofes an der Stadtgrenze zur Genehmigung vorlegte. Abgesehen vom Preis kritisierte der Oppositionssprecher auch die Methode; im Bauhof waren Leute damit beschäftigt, eigens für die wenigen Nürnberger Stationen Bank- und Papierkorbmodelle zu entwerfen, weil – wie der Baureferent einwandte – auf dem Markt keine geeigneten Stücke gefunden worden seien.

Werner Lippert (FDP,CVD-Fraktion) und Albert Bleistein von der SPD pflichteten Wildner bei, der wegen des Ruhebank-Stückpreises erklärt hatte: „Da krieg' ich ja im Laden eine versilberte!“ Außerdem erinnerten die Mitglieder des Bauausschusses die U-Bahn-Ausstatter daran, daß man sich im U-Bahn-Referat der Landeshauptstadt oder bei der Bundesbahn nach deren Lieferanten hätte erkundigen können.

So kam es am Ende, daß der Baureferent nur jene Mehrkosten beim Bahnhof Stadtgrenze genehmigt bekam, die allein auf Lohn-und Preiserhöhungen zurückzuführen sind. Über den „Ausbaustandard“ wird nach den Ferien noch ausführlich gesprochen.

Zähne zusammengebissen

Der Stadträte Hellhörigkeit mag auch darauf zurückzuführen gewesen sein, daß sie vorher schon mit zusammengebissenen Zähnen fast drei Millionen Mark hatten ausgeben müssen, ohne überhaupt ein neues Projekt beschlossen zu haben: alles Preissteigerungen auf dem Bausektor. So kostete der Ausbau der Huldstraße über 45.000 Mark mehr, der Abbruch und Wiederaufbau der Rangierbahnhhofbrücke erfordert zusätzlich 730.000 Mark. Bei der Stadt als dem Partner von Bund und Bundesbahn bleiben 200.000 Mark hängen.

Den dicksten Brocken aber macht der Bau 14 der Krankenanstalten aus, für den 1967 einmal 22,4 Millionen Mark, zwei Jahre später 23,4 Millionen DM genannt worden waren. Nun, da das Haus endgültig seiner Vollendung entgegengeht, müssen nochmals 2,3 Millionen Mark draufgelegt werden, wobei 1,1 Millionen DM zu Lasten der nach dem Kostenvoranschlag erst eingeführten Mehrwertsteuer gehen. Eine weitere Million ist auf Lohn- und Materialpreiserhöhungen zurückzuführen.

Für die Stadträte allerdings ist der Bau 14 bald ausgestanden. Die Bettengeschosse sind seit Wochen fertig, die Hals-, Nasen- und Ohrenklinik zog gestern in das Gebäude, die Chirurgen werden Anfang August folgen.

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