8. Dezember 1968: Bitte an die Kunden

8.12.2018, 07:00 Uhr
8. Dezember 1968: Bitte an die Kunden

© Ulrich

Die Zusteller, die in der Weihnachtszeit über Gebühr beansprucht sind, werden demnach am Montag und Dienstag kaum bummeln, weil sie dann mittwochs und donnerstags noch mehr hinlangen müßten.

Die Oberpostdirektion hat an ihr Personal noch die zusätzliche Losung herausgegeben: selbst beim stärksten Anfall soll kein Bürger auf sein Päckchen oder seine Glückwunschkarte zum Fest verzichten müssen. Freilich verbindet sie damit auch die Bitte, Sendungen nach Mitteldeutschland möglichst noch heute aufzugeben und sich für Pakete ins In- und Ausland den 15. Dezember als äußersten Termin vorzumerken.

Die Post empfiehlt ihren Kunden auch, die Adresse deutlich zu schreiben und die Postleitzahl sowie den Zustellbezirk (Beispiel: 85 Nürnberg-33) nicht zu vergessen, denn: Sendungen, die keinen Empfänger finden, werden im nächsten Jahr versteigert.

Millionenwerte gestapelt

Wer sich einmal beim Paketpostamt zwischen der Allersberger und Kleestraße umgeschaut hat – da allzuviele Besucher nur den Ablauf verzögern würden, bat die Post die Presse, dies zu tun – kann diese Wünsche nur zu gut verstehen. In den großen Hallen stapeln sich 24 Stunden am Tag Millionenwerte; der Anfall von 83.500 Paketen und Päckchen im Normalverkehr ist in den letzten Wochen sprunghaft auf 186 500 gestiegen; 165.000 Sendungen bringt der Zusteller ins Haus, 17.000 müssen abgeholt werden und 4.500 durchlaufen das Zollamt.

Ein Loblied singt die Post jetzt schon auf den gutnachbarlichen Bürgersinn der Nürnberger. „Wir müssen für jede vierte Privatsendung einen Ersatzempfänger suchen und wissen es deshalb zu schätzen, wenn Bürger sich bereiterklären, Pakete und Päckchen für ihre abwesenden Nachbarn, Mieter und Untermieter ersatzweise anzunehmen.“

Mechanische Verteileranlage

Bevor die Pakete im trauten Heim landen, gehen sie den Weg über den Hauptbahnhof, wo sie ankommen, zur Eingangspackkammer in der Allersberger Straße. Hier werden sie mit internen Leitzeichen beschrieben, über eine mechanische Verteilanlage auf gekennzeichnete Stapelplätze geschichtet und dann in über 100 Fahrzeugen auf die Reise durch die Stadt geschickt. 170 Zusteller begleiten sie dabei.

Bisher hat das Paketpostamt allen Stürmen standgehalten, aber Oberpostrat Meyer bangt, daß die Post der DDR auch heuer wieder eine ihrer berüchtigten Praktiken anwendet: tagelang kommen Sendungen aus der Zone nur schleppend in die Bundesrepublik. Wächst der mitteldeutschen Post der Paketberg über den Kopf, schiebt sie ihn einfach über die Grenze ab und bringt das westdeutsche Postgefüge durcheinander. Die Hoffnung der Post: vielleicht werden die Kontrollen heuer nicht so genau genommen.

Jedenfalls sollten alle mithelfen, der Post die Arbeit zu erleichtern, schon deshalb, weil für jede Paketbeförderung ein Zuschuß von 1,30 Mark anfällt. „Wir können die Gebühren aus sozialen Gründen nicht erhöhen. Deshalb muß der Fehlbetrag durch das Briefporto und mit Überschüssen der Fernsprechämter gedeckt werden.“

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