Landesweites Voting

"Abriss des Jahres": Trauriger Spitzenplatz für Nürnberger Radrennbahn

10.1.2023, 12:22 Uhr
Obwohl die Stadt bereits für den Abriss gestimmt hat, ist dieser bei der Radrennbahn in Reichelsdorf noch nicht vollzogen.

© Klaus Lehnberger Obwohl die Stadt bereits für den Abriss gestimmt hat, ist dieser bei der Radrennbahn in Reichelsdorf noch nicht vollzogen.

Der „Abriss des Jahres 2022“ steht fest. Mit sicherem Abstand wurde bei der Aktion des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege die Nürnberger Radrennbahn mit den Reichelsdorfer Kellern gewählt, sie landete vor einem historischen Hotelgebäude in der Altstadt von Dinkelsbühl und dem ehemaligen „Judenhaus“ in Krumbach.

Es beteiligten sich mehr als 400 Personen, die E-Mails sendeten und zumeist auch ihre Stimme abgaben. 134 von ihnen wählten die Radrennbahn und die früheren Kellerwirtschaften in Nürnberg, die nun Wohnblöcken weichen. Die Zuschriften zeugen von der hohen emotionalen Verbundenheit vieler Bürger mit der Radrennbahn. Die Leute schrieben von persönlichen Sporterlebnissen und schickten manchmal sogar Fotografien mit, heißt es im Landesverein.

Obwohl die Stadt bereits für den Abriss gestimmt hat, ist dieser noch nicht vollzogen. Von der Resonanz zeigt sich Dr. Rudolf Neumaier, der Geschäftsführer des Landesvereins, positiv überrascht. Damit habe er nicht gerechnet: „Viele Menschen schreiben uns in langen Mails ihr Bedauern über das Verschwinden bestehender und häufig historischer Bausubstanz. Das beweist, dass die Missachtung von Bestands- und Denkmalschutz ein immenses Empörungs- aber auch Enttäuschungspotenzial birgt.“ Auch wenn es politischen Entscheidungsträgern und Investoren nicht gefalle, habe die Heimatpflege immer wieder auf den kulturellen Verlust durch den Abriss oder den gebilligten Einsturz älterer Gebäude hinzuweisen.

Bereits im März 2022 veröffentlichte der Landesverein gemeinsam mit dem Bund Deutscher Architektinnen und Architekten in Bayern (BDA) ein Positionspapier mit dem Titel „Die Abreißerei muss ein Ende haben!“. Darin fordern beide Verbände auch eine „Kostenwahrheit“: In eine Kostenschätzung müssten die gesamten Klima- und Umweltfolgekosten für Abbruch, Entsorgung und Neubau beim Vergleich mit Bestandssanierungen eingerechnet werden.

„Dass der Bestands- und Denkmalschutz in Nachhaltigkeitsdebatten so gut wie nie vorkommt, ist für mich völlig unverständlich. Immerhin fallen in Deutschland pro Person und Jahr mehr als 2,5 Tonnen an Bau- und Abbruchabfällen an“, sagt Dr. Olaf Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Landesvereins.

Der Landesverein hat daher auch aus den vielen erhaltenen Zuschriften einige Gebäude ausgewählt, bei denen die Abbruch-Firmen 2023 bereits an die Türen klopfen werden, etwa das Haus „Silo“ in Gunzenhausen oder der Ostflügel der Heil- und Pflegeanstalt in Erlangen. Dennoch sei die Liste eine „Liste der Hoffnung“: „Wir wollen uns schließlich für den Erhalt historischer Häuser einsetzen und bei den entscheidenden Behörden ein Umdenken erreichen", so Dr. Daniela Sandner vom Landesverein.

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