Aerosol-Alarm: Nürnberger Schule testet neues Corona-System

25.11.2020, 18:05 Uhr
Hinter diesen Sensoren verbirgt sich die Technik.

© Roland Fengler Hinter diesen Sensoren verbirgt sich die Technik.

Schulleiter Hermann Lind streckt die Arme weit auseinander. "So weit standen die Türen offen", sagt er - und man kann unter der FFP2-Maske ein zufriedenes Lächeln erkennen. Mit den offenen Türen meint er seine Bereitschaft, als ihn vor einiger Zeit die telefonische Anfrage erreichte, ob das Melanchthon für ein Pilotprojekt zur Verfügung stehe. Man würde die Schule kostenfrei mit Sensoren fürs "digitale Lüften" ausstatten, bot Uwe Rehnig, Geschäftsleiter einer gleichnamigen Firma in Neustadt an der Aisch an. Das mittelständische Unternehmen beschäftigt sich mit Telekommunikation in Haus und Wohnung - und nun wolle man exemplarisch in einer Schule die aktuelle Technik installieren. Älteste Schule - neueste Technik, der Gegensatz habe ihm gefallen, begründet Rehnig, warum seine Wahl auf das Melanchthon fiel.

Nach eigenen Angaben hatte Lind vorher lange gegrübelt, wie er Schüler und Kollegium bestmöglich schützen könne. Immerhin war das Melanchthon Gymnasium auch jene Schule, die seit Ende April noch vor der offiziellen Verpflichtung zum "solidarischen, freiwilligen Maskentragen" aufgerufen hat. "Mit großer Bereitschaft aller", wie Lind betont. Nun freue es ihn, dass ein weiterer Schutzmechanismus im Gebäude an der Sulzbacher Straße installiert werden kann.

Klassen sollen selbst Sorge tragen

Wie das technisch genau abläuft, erläutert Uwe Rehnig. Soeben hat er einen der handlichen Sensoren in einem Klassenzimmer installiert. Noch wenige Wochen, dann sollen alle 50 Klassenzimmer damit ausgestattet sein, sagt er. Via Funk werden die Daten auf einen Rechner an Linds Schreibtisch weitergegeben. Seine Aufgabe soll jedoch nicht werden, täglich 50 Einzelergebnisse im Blick zu behalten. Viel mehr sollen die Klassen weitgehend selbst Sorge tragen, dass der gemessene Wert im Raum nicht zu hoch steigt.

Diese Kontrolle sei etwa durch "Lüftungsmanager" möglich. Ein Posten, der unter den Schülern vergeben wird. Das kleine Gerät zeigt auf einem Display neben der Temperatur auch den so genannten PPM-Wert an -Parts Per Million - oder Teilchen pro Million. Bei einem leeren Raum mit frischer Luft, so Rehnig, liege dieser Wert bei etwa 400. Für die Klassen im Melanchthon-Gymnasiun heißt es, wenn die 800 überschritten sind, dann wird es dringend Zeit, die Fenster zu öffnen. Damit bleibt man unter der empfohlenen Grenze von etwa 1000.

Kästchen werden im Unterricht einbezogen

Die Aerosole, winzige Flüssigkeitströpfchen, die jeder von uns ausatmet, gelten als ein entscheidender Übertragungsweg für das Coronavirus. Schon jetzt wird an allen Schulen daher häufig gelüftet. Durch das Gerät aber habe man jetzt jedoch eine genau Kontrolle um sichtbar zu machen, was sonst nicht zu sehen ist, sagt Lind. Auch könne man dem Gesundheitsministerium im Falle einer Infektion das Datenprotokoll mit dem PPM-Werten liefern.

Damit die kleinen Kästchen auch voll integriert werden, sollen sie sogar als Stoff in den Unterricht einbezogen werden. Ein Physiklehrer erklärte sich schon bereit, mit Schülern auszuwerten, wann die Werte etwa auffällig steigen und wann sie signifikant sinken.

Als Pilotschule erhält das Melanchthon-Gymnasium die gesamte Ausstattung im Wert von etwa 10.000 Euro kostenfrei zur Verfügung gestellt. Lind und sein Team sind gespannt, wie sich der Sensor im Alltag bewährt. Ob es einen Schüler jedoch vor einer möglichen Abfrage retten könnte, wenn der Grenzwert überschritten ist und er daher nicht mehr reden sollte? Der stellvertretende Schulleiter Christoph Reichardt sieht in diesem Fall kaum Chancen: "Nach dem Lüften sinkt erfahrungsgemäß der Wert sehr schnell wieder - und dann kann es weiter gehen."

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