Alle ächzen unter Baustelle in der Nürnberger Innenstadt

13.11.2019, 05:47 Uhr
Alle ächzen unter Baustelle in der Nürnberger Innenstadt

© Foto: Roland Fengler

Zwei Kunden sitzen im "Paradiso dei Dolci", sie trinken Kaffee und essen Kuchen. Sie haben sich in eine gemütliche Ecke weit hinten zurückgezogen, weg vom ungemütlichen Wetter draußen. Und auch weit weg von der Fensterfront, die einen Blick nach draußen ermöglicht — auf die riesige Baustelle auf der anderen Seite der Äußeren Laufer Gasse.

Seit Februar werden hier mehrere städtische Gebäude renoviert. Das Einwohneramt wird barrierefrei umgebaut, das ehemalige Liegenschaftsamt saniert. Alles gleichzeitig. Die Baustelle reicht von der Hausnummer 17 bis zur 29. Inklusive eines riesigen Krans, der in der schmalen Straße zusammen mit Containern, Bauzäunen den Verkehr bremst.

Auch den Kundenverkehr im "Paradiso dei Dolci", sagt Inhaber Angelo Latina. Das sagen auch die anderen Ladenbesitzer in der Äußeren Laufer Gasse, egal ob sie ein Nagel-, ein Fotostudio, einen Friseurladen oder das Thai-Restaurant betreiben. Das Lokal hat so sehr zu kämpfen, dass es inzwischen den Ruhetag streichen musste, weiß Rita Latina, Ehefrau von Angelo. Viele hätten "durch die Baustelle sehr große Probleme".

"Wer will schon hier sein Eis essen?"

Deshalb hat Latina schon im April im Bauamt angerufen. Der Verantwortliche für die Baustelle habe ihr versichert, "dass zumindest die Container im Mai weg sind", erinnert sie sich. Sie stehen noch immer.

Die Außenbestuhlung der sizilianische Konditorei der Latinas direkt gegenüber ist inzwischen abgebaut, doch auch im Sommer war hier wenig los. "Wer will schon hier sein Eis essen, wenn ein paar Meter weiter Dachziegel fliegen", sagt Angelo Latina, der derzeit schon am Jahresabschluss seines Geschäfts arbeitet und weiß, was die Baustelle ihn gekostet hat. Laufkundschaft zum Beispiel.

Aber auch die treue Stammkundschaft ächzt, sagt Rita Latina, täglich würden sich Kunden beschweren, die ihre bestellten Torten nur schwer abholen können, "weil alle Parkplätze blockiert sind". Manchmal müssten sie die gebackenen Kunstwerke bis über den Rathenauplatz tragen.

"Viele Tage gar nichts gemacht"

Bei Thanh Vuong haben sich Kunden ihres Nagelstudios ebenfalls über die Parksituation beklagt, bei René Unger genauso. "Viele kommen gar nicht mehr", sagt der Inhaber des gleichnamigen Fotostudios, der sich von der Stadt über das enorme Ausmaß und vor allem die Dauer der Baustelle "mittelprächtig" informiert findet . Er sorgt sich, wie die Latinas, um das Weihnachtsgeschäft.

Rita Latina hat der Mitarbeiter der Stadt versichert, "dass sie sich beeilen, damit die Baustelle früher beendet wird". Nur den Eindruck habe sie nicht gehabt. "Leider wurde sehr viele Tage gar nichts gemacht." Stattdessen habe man im Laufe der Zeit nicht nur die nördliche Straßenseite in Beschlag genommen, sondern auch noch zusätzlich die Stellplätze auf der südlichen Seite abgesperrt.

Neue Verkehrsführung "ist Quatsch"

Daniel Ulrich weiß, wieso: "Unsachgemäß abgestellte Fahrzeuge in den Parkbuchten" hätten die Strecke blockiert, sagt der Baureferent. "Das brachte den kompletten Verkehr zum Erliegen, auch den Busverkehr." Seitdem die Stellplätze abgesperrt sind, fließe der Verkehr deutlich besser. Die gute Nachricht: "Die Parkplätze auf der Südseite werden bis Mitte Dezember sukzessive freigegeben", die ersten in etwa zwei Wochen. Bald soll der Kran abgebaut sein, damit "der Verkehr ohne Einschränkungen in zwei Richtungen fließen kann".

Dass er das in der Äußeren Laufer Gasse inzwischen überhaupt tut, ärgert die Ladeninhaber und einige Anwohner ohnehin. "Das ist echt Quatsch, die Einbahnstraße war besser für uns", sagt Angelo Latina. René Unger hatte bei den öffentlichen Werkstätten teilgenommen, deren Ergebnis die veränderte Verkehrsführung inklusive Gegenverkehr ist. "Ich habe meine Argumente dagegen vorgetragen." Ohne Erfolg. Die neue Verkehrsführung habe die Situation verschlimmert, das Ergebnis seien Hupkonzerte und Staus.

Projekt kostet 4,3 Millionen Euro

"Wenn wir gewusst hätten, dass dort eine so große Baustelle entsteht, hätten wir womöglich gewartet", gibt Daniel Ulrich zu. Die Baustelle aber sei das Ergebnis von drei Maßnahmen aus verschiedenen Konjunkturpaketen, die zeitgleich bewilligt wurden. "Unerwartet und unvorhersehbar" sei eine klein geplante Baustelle ziemlich groß geworden.

Nun neigen sich die Bauprojekte für insgesamt 4,3 Millionen dem Ende, der Aufzug im Einwohneramt ist installiert, die Behörde ist barrierefrei. Die Büros in den oberen Stockwerken sollen im März 2020 bezogen werden. Ab Mitte Dezember bis Februar werde nur noch ein 30 Meter langer Streifen Stellplätze gesperrt sein.

Etwas Geduld müssen die Inhaber und Anwohner noch mitbringen. Die Verkehrsführung bleibt, sie sei eine "gute Lösung, gerade für die Buslinie und die Radfahrer".

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