Als die Brandschützer aus der Kapelle ausrückten

22.8.2019, 16:48 Uhr
Die ehemalige Kapelle an der Ecke Kornmarkt/Kartäusergasse bekam 1874 drei große Tore, damit die Fahrzeuge der städtischen Feuerwehr gut hindurchkamen. Links neben der Fahrzeughalle wurde das neue Wachgebäude mit der Aufschrift „Central-Feuer-Wache“ errichtet.

© Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg 1905 Die ehemalige Kapelle an der Ecke Kornmarkt/Kartäusergasse bekam 1874 drei große Tore, damit die Fahrzeuge der städtischen Feuerwehr gut hindurchkamen. Links neben der Fahrzeughalle wurde das neue Wachgebäude mit der Aufschrift „Central-Feuer-Wache“ errichtet.

Brandschützer mit kirchlichem Segen: Die erste Fahrzeughalle der Berufsfeuerwehr Nürnberg war in einer ehemaligen Kapelle untergebracht – und zwar an der Ecke Kornmarkt/Kartäusergasse.

Heute prägen der Bibliotheksbau des Germanischen Nationalmuseums und die Straße der Menschenrechte den Platz. Doch bevor die beiden Bauwerke errichtet wurden, befanden sich an gleicher Stelle zuerst die Central-Feuerwache (1874–1905) mit ihrer Fahrzeughalle und danach die Hauptfeuerwache (1905–1962).

Als die Brandschützer aus der Kapelle ausrückten

© Josef Klug

Im Jahr 1874 beschloss das Magistrat, eine städtische Feuerwehr zu gründen, die unter der Leitung eines Branddirektors den Brandschutz in Nürnberg sicherstellen sollte. Bis dahin gab es in Nürnberg nur einige Freiwillige Feuerwehren, etwa die Turnerfeuerwehr, und den sogenannten Feuerwehrlöschgehorsam, zu dem ein Teil der Bevölkerung verpflichtet war.

Die bestehenden Gebäude am alten Bauhof, in denen bis zu diesem Zeitpunkt einige Löschgeräte eingelagert waren, eigneten sich nach Ansicht der Stadtoberen nicht für eine Feuerwache. Außerdem lag der Platz abseits wichtiger Verkehrsverbindungen. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für die neue Central-Feuerwache legte man sich auf ein altes Schrannengebäude fest, das sich bereits im Besitz der Stadt befand.

Bei diesem Gebäude handelte es sich um die ehemalige Zwölfbotenkapelle am Kornmarkt, auch Haberkapelle genannt, die 1382 Conrad Mendel gestiftet hat. 1384 hat sich das Kartäuserkloster diese einverleibt. Nach der Auflösung der Mendel’schen Stiftung 1801 wurde das Vermögen der Heilig-Geist-Stiftung übereignet und die Kapelle aufgegeben.

So sah es im Jahr 1899 aus, wenn der Löschzug der Central-Feuerwache ausrückte.

So sah es im Jahr 1899 aus, wenn der Löschzug der Central-Feuerwache ausrückte. © Kunstverlag Hermann Martin (Sammlung Josef Klug)

Nachweislich hat das Gebäude 1807 ein Herr Haller gekauft. Wann es in den Besitz der Stadt überging, lässt sich nicht mehr nachweisen. In einem Stadtplan aus dem Jahr 1829 wird die ehemalige Haberkapelle als Schranne – ein Kornspeicher oder Lagerhaus – bezeichnet.

In Bauunterlagen aus dem Jahr 1849 ist nachzulesen, dass in das Gebäude eine Zwischendecke eingezogen wurde. Seit dieser Zeit diente der untere Teil als Lager und der obere Teil als Wärmestube für die städtischen Sackträger und Wächter.

In das bestehende Gebäude wurden 1874 Tore eingebaut und im ersten Obergeschoss eine Wachstube errichtet. Im Juli 1875 ging die Central-Feuerwache als städtische Feuerwehr in Betrieb.

Doch nur wenige Jahre später erkannten die Verantwortlichen, dass die Gebäude den Ansprüchen einer modernen Feuerwehr nicht gerecht wurden. Nach langen Diskussionen mit dem Kunstausschuss, dem Germanischen Nationalmuseum und dem Magistrat entschloss man sich für einen Neubau am selben Platz.

Als die Brandschützer aus der Kapelle ausrückten

© Feuerwehr Nürnberg

Im Januar 1904 begannen die Abbrucharbeiten. Am 2. Juli 1904 fand das Richtfest statt und am 1. April 1905 wurde der Betrieb aufgenommen. Da der Neubau der Sitz der Branddirektion war, wurde er zur Hauptfeuerwache. Auch die aus dem 15. Jahrhundert stammende Madonna und die Wappentafel der Stifterfamilie Mendel, die schon in der alten Wache hingen, fanden in den neuen Räumen Platz. Die Glocke, ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert, schmückte ab sofort den Glockenturm der Feuerwache.

In den folgenden Jahren fanden innerhalb des Wachgeländes und des -gebäudes immer wieder Umbauarbeiten statt. So wurden ein Schlauchtrocken- und ein Steigerturm errichtet, die Pferde durch Fahrzeuge ersetzt, die Ställe zu Werkstätten umgebaut und die technischen Installationen der jeweiligen Zeit angepasst.

Der Luftangriff vom 2. Januar 1945 traf die Feuerwache schwer. Das Werkstattgebäude wurde komplett zerstört und das Wachgebäude durch Sprengbomben schwer in Mitleidenschaft gezogen, so dass die Feuerwache nach diesem Angriff aufgegeben werden musste. Die Wachmannschaften wurden ins Scharrer- und Bieling-schulhaus ausquartiert.

Nach Kriegsende wurde das Gebäude nur notdürftig wiederhergestellt. Ein Wiederaufbau an gleicher Stelle kam nicht in Betracht. Nachdem die Feuerwache Mitte, heute Feuerwache 3, fertiggestellt worden war, riss man das Gebäude am Kornmarkt ab.

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