Als die Tram den Adler erlegte

2.4.2010, 00:00 Uhr
Als die Tram den Adler erlegte

© aus der Ausstellung/Repro: Fengler

Am Anfang steht die Ludwigsbahn, benannt nach dem bayerischen König Ludwig I., die ab 1835 zwischen Nürnberg und Fürth entlang der Fürther Straße rollt und sechs Haltestellen vom Plärrer bis zur Fürther Freiheit bedient. Dabei fährt sie zunächst nur um 13 und um 14 Uhr mit Dampf, zu den anderen Zeiten ziehen Pferde die Züge. Erst 1863 stellt die Bahn den Betrieb komplett auf Dampfkraft um – und aus einstigen freundlichen Helfern, den Pferden, werden Konkurrenten, denn 1881 wird die Pferdestraßenbahn eröffnet, die parallel zur Ludwigseisenbahn unterwegs ist und Fahrgäste abzieht.

Mit der Umstellung auf den elektrischen Betrieb 1896 gewinnt die Straßenbahn noch mehr an Attraktivität. Sie avanciert zum Massenverkehrsmittel, das Netz wird ausgebaut. Für die Ludwigsbahn ist die Zeit hingegen abgelaufen, die Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg bedeutet 1922 das Ende für Deutschlands erste Eisenbahn. Die Trasse steht nun der Straßenbahn zur Verfügung. Doch auch der Siegeszug der Tram ist endlich. »In den 50er Jahren werden die Fahrzeiten länger, das Verkehrsmittel unattraktiver», erzählt Schneider. Der zunehmende Individualverkehr verstopft die Straßen, für die Bahn ist zu wenig Platz, wie in der Ausstellung dank historischer Fotos und Filmaufnahmen nachvollzogen werden kann.

Nürnberg erobert den Untergrund

Die Konsequenz: Nürnberg erobert den Untergrund. 1967 beginnt der Bau des ersten Streckenabschnitts, 1972 fahren die ersten Pegnitzpfeile zwischen Langwasser-Süd und der Bauernfeindstraße. Stück für Stück arbeitet man sich durch die Unterwelt, 1978 kann am Weißen Turm die Eröffnung gefeiert werden. Zugleich wird das Straßenbahnnetz kontinuierlich zurückgeschraubt.

Bis zum Jahr 2000 sollte dieses Verkehrsmittel gar gänzlich aus dem Stadtbild verschwinden; erst 1994 revidiert der Stadtrat einen entsprechenden Beschluss und entscheidet, in einem Mischsystem auch weiter auf die Straßenbahn als »Feinverteiler» (Schneider) zu setzen. Auf der Trasse, auf der zunächst die Ludwigs- und dann die Straßenbahn Richtung Fürth unterwegs war, rauscht mittlerweile allerdings freilich die U-Bahn die Fürther Straße entlang.

Die Ausstellung beleuchtet auch die jüngsten Entwicklungen des Nürnberger Nahverkehrs mit der Inbetriebnahme der automatischen U-Bahn im Juni 2008. Der Reiz der Schau liegt aber zweifelsohne in den historischen Dokumenten. »Wir haben 900 Arbeitsstunden investiert», sagt Schneider. Manchmal hatte der Kurator auch einfach nur Glück: Etwa, als er vor kurzem bei ebay im Internet für 6,50 Euro jenes Schild mit der Aufschrift »Ludwigsbahnhof» ersteigerte, das einst am Plärrer stand. Die Ausstellung soll die Feierlichkeiten anlässlich des 175. Jubiläums der ersten Eisenbahnfahrt einläuten; und zugleich wird damit der 25. »Geburtstag» des Depots gefeiert, das 1985 eingerichtet wurde und von VAG und dem Verein der Straßenbahnfreunde gemeinsam betrieben wird.

Die Ausstellung »Vom Adler zur U-Bahn» ist bis Jahresende jeweils am ersten Wochenende des Monats (Sa./So. 10–17.30 Uhr) im Historischen Straßenbahndepot zu sehen (Schloßstraße 1), der Eintritt ins Depot kostet 2 bzw. 1 Euro.

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