Alte Firmenküche gegen Spende verschenkt: Kündigung

26.6.2014, 06:00 Uhr
Zwei Mitarbeitern wurde bei Schwan-Stabilo gekündigt, nachdem sie eine ausrangierte Firmenküche gegen eine Spende verschenkt hatten.

© Anja Kummerow Zwei Mitarbeitern wurde bei Schwan-Stabilo gekündigt, nachdem sie eine ausrangierte Firmenküche gegen eine Spende verschenkt hatten.

Ganz klar: Eklatante Pflichtverletzungen zum Nachteil des Unternehmens können dem Arbeitgeber durchaus das Recht geben, einen Mitarbeiter zu entlassen – und so fliegt nicht nur raus, wer klaut, sondern auch das Verschenken von Firmeneigentum kann zur Kündigung führen. Wenn dem Arbeitgeber aber kein Cent Schaden entstanden ist, dürfte eine fristlose Kündigung den Bogen weit überspannen – zumindest meint dies die 11. Kammer des Arbeitsgerichts Nürnberg.

Schriftlich vereinbart

Alles begann damit, dass das Unternehmen an den Standorten Weißenburg und Heroldsberg die Kantinen und Küchen erneuern wollte. Herbert R. (61) sollte an beiden Orten die Projekte leiten, Wolfgang L. (54) koordinierte im vergangenen Sommer in Heroldsberg die Handwerksarbeiten.

Die Möbel und Geräte waren zwar in die Jahre gekommen, doch zu schade, um entsorgt zu werden. So wurde in Weißenburg die Küche unter den Mitarbeitern versteigert. Der Erlös in Höhe von 2000 Euro floss Schwan-Stabilo zu und wurde zugunsten eines örtlichen Kindergartens gespendet – eine Initiative, die Herbert R. mit einem Geschäftsführer nachweislich per E-Mail vereinbart hat.

Gegen Weisung verstoßen

In Heroldsberg hegte Wolfgang L. ähnliche Pläne. Es wäre doch weit besser, überlegte er gemeinsam mit Herbert R., die Küche nicht zu entsorgen, sondern gegen eine Spende zu verschenken. Dies teilte Herbert R. angeblich demselben Geschäftsführer mit, der bereits das Weißenburger Engagement ausdrücklich lobte – allerdings nur mündlich.

Nun kämpfen R. und L. im Arbeitsgericht gegen die Kündigung der Schwan-Stabilo Schwanhäußer GmbH & Co. KG: Denn ihr Handeln, die ausgemusterte Küche in Heroldsberg gegen eine Spende zugunsten eines Hilfsfonds der örtlichen Kirchengemeinde zu verschenken, statt entsorgen zu lassen, sei eigenmächtig und ein Verstoß gegen eine Weisung des Arbeitgebers.

Dies sehen auch die Richter der 11. Kammer so. Doch sie halten den Verstoß nicht für so gravierend, dass die Kündigung des Wolfgang L. nach dreißig Jahren tadelloser Betriebszugehörigkeit gerechtfertigt sei. Die 12. Kammer, dort klagt Herbert R., kommt in ihrer Abwägung zum gegenteiligen Ergebnis und weist R.s Kündigungsschutzklage zurück. Ihm nützt es nichts, dass er seit drei Jahrzehnten für den traditionsreichen Produzenten von Schreibgeräten gearbeitet hat, dass ihm der Werkschutz unterstellt war und er sich als Datenschutzbeauftragter engagierte.

Verhärtet sind die Fronten schon lange – auch weil die Firma später den Verdacht äußerte, dass sich die unliebsamen Mitarbeiter an den Spenden bereichern wollten. L. und R. weisen dies zurück, sie hatten nur ein gutes Werk im Sinn.

"Wegwerfgesellschaft"

Und auch die Anwälte Wolfgang Siry (für das Unternehmen) und Arbeitnehmeranwalt Wolfgang Manske pflegen harten Schlagabtausch. Manske rät, jenseits der Paragraphen, dazu, über die „Wegwerfgesellschaft“ nachzudenken. Zudem ist er überzeugt, dass die Firma den langjährigen Betriebsrat Wolfgang L. loswerden wollte. Siry nennt dies „billige Polemik“ und konstruiert einen Vergleich: Es mache keinen Unterschied, ob ein Dieb gestohlenes Geld spende oder in einen Urlaub stecke.

Der gleiche Sachverhalt, doch zwei konträre Entscheidungen. Fraglos geht der Streit in die nächste Runde und vor das Landesarbeitsgericht.

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