"Anomalie" in Nürnberg: "Ingress"-Event lockt Gamer an

23.3.2019, 19:21 Uhr
Das Resistance-Team ist gewappnet für die Schlacht um exotische Materie.

© Eva Orttenburger Das Resistance-Team ist gewappnet für die Schlacht um exotische Materie.

"Ingress" nennt sich das Spiel, um das sich am Wochenende in Nürnberg alles dreht. Mehr als zweitausend Gamer sind zu dem Event aus dem In- und Ausland angereist, um an einer "Anomalie" in der Stadt teilzunehmen. Wie das geht? Natürlich mit dem Smartphone. Ähnlich wie bei "Pokemon Go" klappern die Teilnehmer die Stadt nach Portalen ab, die sie mit der Spiele-App einnehmen können. Insgesamt drei Stunden dauert der "Ingress"-Zug. Zwei Fraktionen treten dabei gegeneinander an: Die Erleuchteten (englisch: Enlightened) liefern sich mit dem Widerstand (englisch: Resistance) einen harten Kampf um eine neuartige, fiktive Energie.

Die Teilnehmer sind dabei mit Fahrrädern, Rollern, zu Fuß oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. "Ich lege meist um die 25 Kilometer an einem Spieltag zurück", erklärt Gerald, der mit seinem Team extra aus Chemnitz angereist ist. Seinen Hut zieren zahlreiche Anstecker von "Ingress"-Events in ganz Europa. "Ich war schon in Wien, Köln, Rotterdam, Barcelona und vielen anderen Orten", berichtet er stolz.

Für ihre Mission haben die "Ingress"-Spieler eine genaue Taktik ausgetüftelt. Jede Gruppe hat einen Operator, der in den USA vor einer Karte am PC sitzt und die Gamer untersützt. Außerdem gibt es mehrere Teamleader, die die Instruktionen des Operators an die Gruppe weitergeben. "Alles hat System und läuft sehr professionell ab", erklärt Gerald.

Szene mit viel Bindung

Den Reiz des Spiels sieht er vor allem im Community-Gefühl. "Allein schon die Organisation und das Grübeln über die Taktik schweißt extrem zusammen", sagt er. In der Szene kennt man sich. Obwohl die Teilnehmer aus der ganzen Welt kommen, trifft man sich immer wieder auf Events. "Es sind unter anerem Gruppen aus Moskau, Potsdam, St. Petersburg, Polen und sogar aus China dabei", bestätigt Anne Beuttenmüller, Marketingchefin des Games. "Wir forcieren mit dem Spiel, dass sich Menschen im realen Leben kennenlernen", erklärt sie weiter. "Das ist mittlerweile zu einem richtigen Lifestyle geworden. Die Spieler haben eine starke persönliche Bindung."

Gerald spielt "Ingress" seit 2015. Nach kurzer Zeit konnte er sogar seine Mutter dafür begeistern, die mittlerweile mehr zockt als er. "Die meisten Gamer sind zwischen 30 und 50 Jahre alt", sagt er. "Ich habe sogar schon welche um die 80 bei Events gesehen, die das Smartphone am Rollator oder Rollstuhl festgemacht hatten", erzählt der Gamer.

Großer Organisationsaufwand

Bei ihren "Anomalien" lernen die Spieler die jeweilige Stadt ebenso aus kultureller Sicht kennen. Bei vielen Portalen, die an bekannten Gebäuden oder Denkmälern liegen, sind Beschreibungen und historische Eckdaten in das Spiel integriert. Dafür hat die Spielefirma mit dem Tourismusbüro Nürnberg eng zusammengearbeitet.

Für das Event in Nürnberg war ein Team von zehn Personen mehrere Monate mit der Organisation beschäftigt. Keine Kosten und Mühen wurden gescheut. Sogar eine professionelle Schauspielerin kam aus Los Angeles, um eine Figur des Spiels real zu verkörpern. Um bei "Ingress" komplett an die Grenze gehen zu können, nehmen manche Spieler sogar an paramilitärischen Trainings teil, damit sie dem vielen Hin- und Herlaufen standhalten. Denn für Stubenhocker ist das Spiel definitiv nicht gedacht.

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