Fall 32 der Weihnachtsaktion "Freude für alle"

Armut auf dem Land: Wenn die Kraft bald nicht mal mehr für das Feuerholz reicht

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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19.12.2022, 11:45 Uhr
In Franken finden sich in vielen Orten noch sanierungsbedürftige Anwesen, in denen vor allem ältere Menschen unter ärmlichen Bedingungen leben.  

© imago images/Reiner Bernhardt, NN In Franken finden sich in vielen Orten noch sanierungsbedürftige Anwesen, in denen vor allem ältere Menschen unter ärmlichen Bedingungen leben.  

Dass es so etwas noch gibt, können sich viele nicht recht vorstellen: In manchen älteren Bauernhäusern im ländlichen Mittelfranken scheint die Zeit vor 50 und noch mehr Jahren stehen geblieben - und die Bewohner müssen sich mit einfachsten Lebensumständen begnügen. Nur ein Beispiel dafür sind Ilse und ihr Sohn Franz U. (Namen geändert). Von den Wänden blättern Farbe und Putz ab, die Fenster halten nicht mehr dicht, das Mobiliar und erst recht die Sanitärausstattung sind mehr als abgenutzt.

Zum Heizen stehen ihnen nur zwei Holzöfen zur Verfügung. Und auch der Küchenherd wird mit Holzscheiten geschürt. Das Heizmaterial können die weit über 80 Jahre alte Seniorin und ihr Sohn von Waldbesitzern der Umgebung beziehen - aber das Schleppen, Sägen und Spalten muss er selbst übernehmen. Und das schafft er oft nicht mehr. Seit Jahren plagen ihn Bandscheiben- und Rückenprobleme, in diesem Jahr kamen durch einen Unfall noch Knochenbrüche an der Schulter und am Unterarm dazu.

Autofahren ist tabu

Zur Linderung der Schmerzen wurden dem früheren Landwirt Opiate verschrieben. Autofahren darf er deshalb nicht mehr. Fahrten wie etwa ins Nürnberger Klinikum werden deshalb ziemlich umständlich: Mit Bus, Zug und U-Bahn wird er demnächst locker zwei bis drei Stunden unterwegs sein - in jeder Richtung. Und schon die Aussicht ist für ihn bedrückend, die pflegebedürftige Mutter einen ganzen Tag sich selbst überlassen zu müssen.

Wo genau die Seniorin und ihr Sohn leben, muss zum Schutz der beiden offen bleiben, ebenso wie weitere Details. "Denn in Dörfern kennt jeder jeden, das aber heißt noch lange nicht, dass man auch hinschaut", beschreibt es Franz U. Vielmehr ist, nach seiner Erfahrung, die Haltung verbreitet, jeder müsse selber sehen, wie er oder sie zurechtkommt. Auf Hilfe von Nachbarn dürfen die beiden jedenfalls nicht bauen, auch frühere familiäre Bande sind gerissen.

Aber klar ist: Selbst kleine Erneuerungen und Reparaturen konnten sich die hochbetagte Frau und ihr Sohn, ebenfalls schon bald im Rentenalter, schon lange nicht mehr leisten. Das Wichtigste am und im Haus hat Franz U. immer selbst übernommen - und ist damit nun überfordert. Die Liste der überfälligen Arbeiten reicht von Ausbesserungen am Dach bis zur Badsanierung. Um es barrierefrei auszustatten, hatte Franz U. einen Umbau in Angriff genommen - musste aber zwischendurch aufgeben. So gleicht es einer Baustelle - und die pflegebedürftige Mutter muss alle zwei Wochen von einem Pflegedienst zum Baden im nächst größeren Ort abgeholt und wieder zurückgebracht werden.

Grundstücke, die keiner haben will

Schon vor Jahren hatten die beiden die Bewirtschaftung ihres Hofs wegen der erwähnten körperlichen Gebrechen einstellen müssen. Wichtigstes Standbein war lange die Tierhaltung gewesen. "Ich bin damit aufgewachsen, es ist mir verdammt schwer gefallen, das aufzugeben", räumt Franz U. ein. Etwas Entlastung könnte ihnen die Verpachtung oder der Verkauf von Grundstücken verschaffen, die sie früher selbst nutzen und bewirtschaften konnten. Doch die liegen an Hängen und Waldrändern und damit offenkundig so ungünstig, dass sich bisher kein Interessent fand.

"Das Fatale daran ist aber, dass den beiden ergänzende Sozialleistungen verwehrt bleiben, solange sie noch über solchen Grundbesitz verfügen", erläutert die gesetzliche Betreuerin, die den Bauersleuten zur Seite gestellt wurde. Ob das auch zutrifft, wenn keine wirtschaftliche Verwertung möglich ist, muss noch einmal geprüft werden. Die Weihnachtsaktion will Ilse und Franz U. unterdessen wenigstens zum Abschluss der Badezimmer-Umgestaltung und für einige Reparaturen unter die Arme greifen.


Die Spendenkonten der Aktion „Freude für alle“: Sparkasse Nürnberg: DE 63 7605 0101 0001 1011 11; Sparkasse Erlangen: DE 28 7635 0000 0000 0639 99; Sparkasse Fürth: DE 96 7625 0000 0000 2777 72. Alle Zuwendungen sind steuerlich abzugsfähig. Zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen bitte bei Überweisungen die vollständige Adresse mit angeben. Alle Spendernamen werden veröffentlicht - es sei denn, die Zuwendung ist mit dem Vermerk "anonym" versehen.

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