Auf Wagners Spuren durch Nürnberg

26.3.2013, 10:45 Uhr
Auf Wagners Spuren durch Nürnberg

© Eduard Weigert

Das reine Vergnügen war es nicht: Das lag aber weder an der gut vorbereiteten Führerin Carmen Machmuridis-Lösch noch an Wagners Biografie, sondern am eiskalten Wind. Er war dafür verantwortlich, dass geschützte Hauseingänge oder Innenhöfe mindestens so interessant waren wie die Stationen des Rundgangs „Auf Wagners Spuren durch die Stadt“. Er wird noch bis zum 22. September angeboten, dann hoffentlich bei freundlicherer Witterung.

„Das ist heute eine doppelte Premiere“, sagt Carmen Machmuridis-Lösch beim Start am Opernhaus. „Zum einen findet diese Führung zum ersten Mal statt, zum anderen war genau am 24. März 1874 die erste Aufführung der ,Meistersinger‘.“ Damals im alten Stadttheater am Lorenzer Platz, wegen seiner Enge auch „Vogelhäuschen“ genannt, nachdem die Uraufführung 1868 in München stattfand.

„Rebell am Pult“

Als „Rebell am Pult“ stellt die Stadtführerin Wagner vor. So habe er als Kapellmeister in Magdeburg in einer Weise dirigiert, die das Publikum tief spaltete. Nichts weniger als eine „Opernrevolution“ habe der junge Wagner damals vorgehabt. „Vor dem Zeithintergrund mit vielen politischen Unruhen und der Suche nach nationaler Identität nicht wirklich überraschend.“

Auch seine innerhalb kürzester Zeit einstudierte Oper „Das Liebesverbot“ geriet zum Desaster. Wegen ihres angeblichen anzüglichen Titels rief sie die Behörden auf den Plan und durfte schließlich nur als „Novize von Palermo“ aufgeführt werden, was das Werk aber auch nicht retten konnte. Schon zuvor hatte Wagner mit einem ersten Singspiel unrühmlich auf sich aufmerksam gemacht: In „Leubald und Adelaide“ gab es als Ergebnis einer intensiven Shakespeare-Lektüre 42 Tote; auch das wurde vom Publikum nur sehr bedingt goutiert.

Zurück nach Nürnberg. Viel Zeitkolorit lässt Carmen Muchmuridis-Lösch in ihren Vortrag einfließen. Der Salonwagen von Ludwig II. im DB-Museum wird ebenso erwähnt wie Hitlers Übernachtungen im „Deutschen Hof“, die Besuche von Wagner-Opern ebenso wie die Tuba blasende Walküre am Dach des Opernhauses.

Die von Cosima Wagner in Auftrag gegebene „Beckmesserharfe“ ist ebenso Thema wie die historische Singstätte der Meistersinger in St. Martha, die Schule befand sich an der Katharinenruine. 22 Jahre, so erzählt die Stadtführerin, habe Richard Wagner an den „Meistersingern“ gearbeitet. Oft sei er da gerade in Paris gewesen und habe mit Blick auf den Louvre „gerade wieder an der Nürnberger Festwiesenszene gefeilt“, wie er an Mathilde Wesendonck schrieb. Reales Vorbild für die Festwiese sei aller Wahrscheinlichkeit nach die Haller Wiese gewesen.

Zum Finale im Innenhof des Heilig-Geist-Spitals erwartet die Gruppe dann eine kleine und eine große Überraschung. Die kleine: der Maestro tritt persönlich auf — mitsamt samtenen Barett. Er berichtet von einer wilden Wirtshausprügelei. Das „eckig-derbe Volk“, gemeint sind die Nürnberger, habe ihm sehr gefallen.

Die große Überraschung: Wagner ist deutlich länger geworden. Während ihm Biografen bestenfalls 166 Zentimeter zugestehen, hat Florian Sußner vom Culinar-Theater im Altstadthof eher das Maß eines Basketballspielers. Ein hübscher Verfremdungseffekt.

Wo besagte Prügelei stattgefunden hat, vermag auch er nicht mit Sicherheit zu sagen. Die „Hornsche Wirtschaft“, die gelegentlich durch die Forschung geistert, kann es nicht gewesen sein, es gab sie nicht. Vielleicht war es am Ende doch das „Goldene Posthorn“, wie manche spekulieren.

Wie auch immer: Auf die „Meistersinger“ und ihre Sitzfleisch gebietende Länge hat man nach dem Rundgang wieder deutlich mehr Lust.

Nächster Wagner-Rundgang: 21. April

Infos unter: www.nuernberg-spielt-wagner.de

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