Auffahrunfall: Was tun, wenn’s gekracht hat?

26.6.2019, 11:26 Uhr
Auffahrunfall: Was tun, wenn’s gekracht hat?

© Foto: Jens Wolf, dpa

NZ: Viele Autofahrer halten Fahrerflucht für ein Kavaliersdelikt. Ist es wirklich eines?

Peter Lihs: Absolut nicht! Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, so heißt der Straftatbestand, wird teuer und kann auch den Führerschein kosten. Wenn man noch nicht vorbelastet ist, dann führt das – je nach Höhe des Fremdschadens – zu einer Geldstrafe von einem bis eineinhalb Monatsgehältern und einem Fahrverbot von bis zu drei Monaten. Noch drastischer wird die Strafe schließlich, wenn man einen Schaden von 1800 Euro oder mehr verursacht. Das ist im Moment meist die Grenze, ab der einem die Fahrerlaubnis komplett entzogen wird und man sie erst nach einer Sperre von mindestens einem halben Jahr neu beantragen kann. 1800 Euro Schaden kommen übrigens schnell zusammen – so verlangt zum Beispiel VW schon bis zu 178,50 Euro für eine Arbeitsstunde.

NZ: Warum sind die Strafen gar so drastisch – auch wenn es sich vielleicht nur um einen Parkrempler handelt?

Lihs: Damit will der Gesetzgeber den Geschädigten schützen, der in der Lage sein soll, seine Schadenersatzansprüche auch geltend zu machen. Außerdem: Wenn jemand denkt, dass der Eigentümer eines Autos, das er gerade beschädigt hat, schon genug Geld haben wird, dass er für den Schaden selbst aufkommen kann, dann ist das eine Einstellung, die nicht in Ordnung ist.

NZ: Hat eine Straftat auch Auswirkungen auf den Versicherungsschutz?

Lihs: Ja – und zwar gleich auf drei Versicherungen. Die Haftpflichtversicherung, die den Schaden am gegnerischen Fahrzeug zunächst reguliert, kann – so steht es in den meisten allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung – bis zu 5000 Euro zurückverlangen und künftig trotzdem eine höhere Prämie verlangen. Hat man bei dem Unfall auch noch sein eigenes Auto beschädigt, dann hat auch die Kasko-Versicherung meist ein Recht, die Leistung zu verweigern. Kommt es zu einer Verurteilung, dann bezahlt auch die Rechtschutzversicherung nicht.

NZ: Wie verhält man sich nach einem Unfall also am besten?

Lihs: Ganz wichtig: Ein Zettel am Scheibenwischer reicht nicht. Man muss den Geschädigten informieren, unter Umständen auch eine angemessene Zeit warten. Funktioniert das nicht, dann ruft man in jedem Fall die Polizei. Die kommt dann und nimmt den Unfall auf. Übrigens: Auch wenn jemand behauptet, man habe sein Auto beschädigt, man sich aber sicher ist, dass das nicht so war und man auch keinen Schaden sieht, sollte man auf keinen Fall wegfahren. Manchmal sind Schäden, die erst ein Fachmann erkennen kann, für den Laien gar nicht sichtbar. Zumindest seine Daten muss man in so einer Situation dem angeblichen Geschädigten immer geben. Hierzu zählen auch die Fahrerpersonalien. Die Tatsache, dass der angeblich Geschädigte ja das Kennzeichen des anderen Fahrzeuges bereits hat, reicht nicht.

NZ: Wenn man aber vor lauter Panik davonfährt und einem später erst einfällt, dass man das vielleicht doch nicht hätte tun sollen?

Lihs: Dann kann nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs eine nachträgliche Meldung innerhalb von 24 Stunden helfen und die Folgen mildern. Zwingend eingestellt wird ein Verfahren deshalb aber nicht.

NZ: Nehmen wir an, jemand ist nach einem Parkrempler davongefahren und plötzlich steht die Polizei vor der Tür. Was raten Sie dann?

Lihs: Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Insbesondere schon zur Frage der Fahrereigenschaft sollte man nichts sagen und sich zuerst einmal anwaltliche Hilfe holen.

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