Auftragsbücher sind leer: Handwerker ächzen unter Folgen der Corona-Krise

30.3.2020, 13:00 Uhr
Auch die Handwerker blicken mit Sorge in die Zukunft.

© Martin Schutt/zb/dpa Auch die Handwerker blicken mit Sorge in die Zukunft.

Die Absage der Internationalen Handwerksmesse nach dem 72. Mal war ein erstes Alarmzeichen. Mittlerweile geraten durch die Corona-Pandemie viele Betriebe in große Schwierigkeiten.

Noch läuft die Fertigung in der Holzwerkstatt Gracklauer in Nürnberg-Gebersdorf. Doch: "Etliche Kunden begleichen zwar die Rechnung, möchten jedoch gegenwärtig nicht, dass wir die bestellten Möbel liefern und bei ihnen zu Hause aufstellen", sagt Edith Gracklauer. "Aber unsere Lagerkapazität ist einfach begrenzt." Auch sei die Ausstellung, über die ansonsten die Aufträge generiert würden, entsprechend der Anordnung der bayerischen Staatsregierung geschlossen. Wie es weitergeht? Edith Gracklauer zuckt mit den Schultern.

Wegen Corona: "Man kann nichts planen"

In einer ähnlichen Situation sieht sich Matthias Ehmann: "Man kann nichts mehr planen". Der Meister im Maler- und Lackierer-Handwerk schätzt mit Blick auf die hohen Fixkosten, dass er mit den Rücklagen sein Fürther Unternehmen "Form & Farbe Ehmann" noch zwei Monate am Laufen halten kann. Das Privatkundengeschäft sei komplett weggebrochen, weil kaum mehr jemand Handwerker im Haus haben wolle.


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Zurzeit nehme sein Betrieb in erster Linie Baustellentermine wahr. Und dabei müssten besondere Schutzmaßnahmen gegen den Erreger getroffen und tiefgreifende Regelungen und Empfehlungen umgesetzt werden, was wiederum Kosten verursache. Erschwerend käme hinzu, dass es Lieferengpässe bei Material aus Österreich und Italien gebe. Nichtsdestotrotz will Ehmann möglichst keine Kurzarbeit für seine 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anmelden, weil damit für sie Lohneinbußen verbunden wären.

"Ob es für meinen Betrieb von Bund oder Land eine finanzielle Unterstützung gibt, weiß ich noch nicht." Ehmann bezweifelt, dass mit dem Ende der Krise eine erhöhte private Nachfrage einhergeht. "Ich rechne mit großen Einschnitten – mit einer Rezession – und dass das Geld weniger locker sitzen wird." Ehmanns oberstes Gebot ist es, wie er sagt, den seit 100 Jahren bestehenden Familienbetrieb weiterzuführen – denn: "Tradition verpflichtet".

Mit Zweiergruppen auf Baustellen

Bei der alteingesessenen Glas Lang GmbH sind es nicht die privaten Kunden, die sich verweigern, sondern Chef Christian Lang verschiebt, um sein Personal zu schützen, nicht unbedingt notwendige Arbeiten in Privathaushalten auf die Zeit nach Corona.

Er schickt nurmehr feste Zweiergruppen auf ansonsten menschenleere Baustellen. Bis auf ein Tor für Abholungen bleibt das Firmengebäude in Nürnberg-Altenfurt zu. "Momentan gibt es noch genügend Arbeit in der Werkstatt, aber wenn der Ausnahmezustand länger als zwei Monate anhält, dann müssen wir über Kurzarbeit nachdenken."

Die Gebäudereiniger haben dagegen schon jetzt keine andere Wahl – man denke nur an die wegbrechende Arbeit durch geschlossene Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Unis, Museen, leerstehende Büroflächen und vieles mehr. "Wo nicht gearbeitet wird, wird nicht gereinigt", bringt Christine Bruchmann das Problem auf den Punkt. Besonders am Herzen liegen der Geschäftsführerin des Familienunternehmens Fürst Gruppe die geringfügig Beschäftigten mit bis zu 450 Euro Einkommen im Monat. Ihnen wäre geholfen, wenn auch für sie die Kurzarbeiterregelung greifen würde. Bisher gingen sie laut Bundesagentur für Arbeit aber leer aus. Betroffen seien vor allem junge Leute, die ihr Studium finanzieren müssen und Frauen, die darauf angewiesen seien, das Familieneinkommen aufzustocken, so Bruchmann.

Umsatzstärkster Monat ist der April

Für Floristen und Gärtnereien ist der April der umsatzstärkste Monat. In diesem Jahr aber ist alles anders. "Da bleiben wir auf den Frühjahrsblühern sitzen", bedauert Gärtner und Floristikmeister Georg Pfann aus dem Knoblauchsland. In Kürze würden zudem die bereits im Voraus zu bezahlenden Jungpflanzen für den Sommer geliefert. "Und wie es da mit dem Verkauf aussieht, steht in den Sternen."

Apropos Verkauf: Gänzlich ins Wasser fällt der Verkauf von Schnittblumen, genauso wie die Kranzbinderei. Lediglich auf dem Friedhof könne noch gearbeitet werden. Wie hoch die finanziellen Einbußen sein werden, habe er bisher nur grob überrissen, sagt Pfann und resümiert: "Die nicht unbeträchtlichen Fixkosten bleiben jedenfalls."


Event-Veranstalter über die Corona-Krise: "Man geht unverschuldet kaputt"


Der Eventbranche hat das Coronavirus ebenfalls praktisch den Stecker gezogen. Ein Viertel des Jahresumsatzes sei ihnen weggebrochen, stellen Elke und Herbert Wahler fest. Ihr mittelständisches Unternehmen ist auf Partyservice spezialisiert und da schlägt es sich nieder, dass eine Messe und eine Veranstaltung nach der anderen abgesagt werden, genauso wie private und Firmenfeiern. Das bedeutet für 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeit. "Gott sei Dank haben wir noch unseren Metzgerladen und unsere treuen und dankbaren Kunden."

Neues Geschäftskonzept

Wie bei den Gärtnern ist auch beim Outdoor-Eventveranstalter Cityhunters im April normalerweise Hochkonjunktur. Jetzt sind die Auftragsbücher leer. Wenn sich das durch den Sommer zieht, beabsichtigen die beiden Firmengründer Daniel Sekula und Philipp Steiner ein neues Geschäftskonzept zu erarbeiten. Finanzielle Hilfe von Land oder Staat zu beantragen, kommt für sie, wie sie betonen, nicht infrage. "Unser Unternehmen ist solide aufgestellt und wir können es weiterentwickeln."

Mit einer vermehrten Nachfrage nach dem Ende der Pandemie, die die Verluste einigermaßen ausgleichen kann, rechnet derweil kaum einer der Handwerksbetriebe.


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