Auftragskiller für Schwester angeheuert? Franke muss nicht ins Gefängnis

23.1.2020, 14:23 Uhr
Der Angeklagte – hier zu sehen mit seinen Anwälten Nils Junge (links) und Bahattin Koyun – schwieg zum Prozessauftakt.

© Foto: Daniel Karmann/dpa Der Angeklagte – hier zu sehen mit seinen Anwälten Nils Junge (links) und Bahattin Koyun – schwieg zum Prozessauftakt.

Mira hätte heiraten sollen. Die 16-Jährige aber weigerte sich nach der Verlobung, den Mann, den ihre Familie für sie ausgesucht hatte, auch tatsächlich zu heiraten. Die Familie aber machte Druck. Miras Eltern müssen sich derzeit vor dem Jugendschöffengericht verantworten, der Vater soll das Mädchen mehrfach geschlagen haben, damit sie am Ende doch in die Ehe einwilligt. Mira floh vor ihrer Familie. Die Anklage wirft Miras Mutter vor, die 16-Jährige unter dem Vorwand, sie müsse nun doch nicht heiraten, wieder ins Elternhaus gelockt zu haben, wo es vom Vater wieder Schläge hagelte. Mira konnte erneut entkommen.

Die Vorwürfe gegen Miras Bruder wiegen noch schwerer. Ihm legt die Staatsanwaltschaft zur Last, einen Killer für Mira angeheuert zu haben. Seit vergangener Woche muss sich Miras Bruder deshalb vor der Jugendkammer des Landgerichts verantworten. Nach der Beweisaufnahme steht für die Staatsanwaltschaft fest, dass er das tatsächlich getan hat. Nach zwei Treffen mit einem 37-Jährigen am Hauptbahnhof, bei denen auch Informationen ausgetauscht wurden, hätte der Angeklagte das Geschehen nicht mehr in der Hand gehabt. Es habe die naheliegende Gefahr bestanden, dass der Zeuge jetzt loslegt. Sechs Jahre Freiheitsstrafe fordert die Staatsanwaltschaft für die versuchte Anstiftung zum Mord.


Prozess um Zwangsheirat: "Ich will meine Schwester tot sehen"


Die Verteidigung des 24-Jährigen sieht den Sachverhalt anders. Demnach sei der Hauptbelastungszeuge - also der Killer - schon aufgrund seiner Krankheitsgeschichte mit Halluzinationen nicht glaubwürdig. Der Angeklagte habe den Mann nur getroffen, damit dieser keine Drogen mehr an Mira verkaufe. Deshalb habe er dem Mann auch ein Foto des Mädchens und eine Adresse gezeigt. Überhaupt: Selbst wenn der Angeklagte mit dem Zeugen über einen Mord gesprochen hätte, reiche das nicht für eine Verurteilung. So seien - sollte es so gewesen sein, wie der Zeuge sagt - Aspekte wie die Zahlungsmodalitäten schließlich noch gar nicht geklärt gewesen. Der 24-Jährige sei lediglich wegen Körperverletzung zu verurteilen - er hatte seiner Schwester eine Ohrfeige verpasst.

Die Kammer folgt mit ihrem Urteil der Verteidigung. Selbst wenn man der Aussage des vermeintlichen Killers glaubt, reicht das nicht für eine Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zum Mord. Es seien keinerlei Verbindungsdaten ausgetauscht und keine Namen genannt worden. Außerdem sei kein Geld gezeigt worden oder gar geflossen. Die Schwelle sei vom Angeklagten demnach nicht überschritten worden. Wegen Körperverletzung und versuchter Zwangsheirat verurteilt die Kammer den 24–Jährigen, der seit sieben Monaten in Untersuchungshaft sitzt, zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Der Haftbefehl gegen den jungen Mann wird aufgehoben.

"Man muss Gesetze respektieren"

Dieter Weidlich, der Vorsitzende der Kammer, merkt zum Ende auch in Richtung anderer Familienmitglieder, die als Zuschauer an der Verhandlung teilnehmen, an: „Sie leben seit sechs Jahren hier, wenn man sich hier integrieren und länger aufhalten möchte, muss man Gesetze respektieren.“ Dazu gehöre auch, dass ein junges Mädchen selbst bestimmen kann, ob es heiratet und wen es heiratet.

Mira lebt derzeit an einem sicheren Ort. Das Verfahren gegen ihre Eltern läuft weiter. Der Verlobte musste sich bereits im Dezember vor dem Amtsgericht verantworten. Vorgeworfen wurde ihm unter anderem Vergewaltigung. Am Ende kassierte er wegen Körperverletzung eine Geldstrafe.