1945 bis heute

Ausstellung "Rechtsterrorismus" im Cube 600: "Wir zeigen, wer die Betroffenen sind"

Vanessa Neuß

Volontärin

E-Mail zur Autorenseite

27.10.2022, 15:32 Uhr
Cube 600 Ausstellung Rechtsextremismus Kurator Steffen Liebscher und Kuratorin Rebecca Weiß vom Memorium Nürnberger Prozesse

© Eduard Weigert, NN Cube 600 Ausstellung Rechtsextremismus Kurator Steffen Liebscher und Kuratorin Rebecca Weiß vom Memorium Nürnberger Prozesse

Auf den Rolltoren, die an die ehemalige Verwendung des Gebäudes als Werkstatt erinnern, steht in weißen Lettern "Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung - 1945 bis heute". Seit zwei Jahren dient der Cube 600 dem Memorium Nürnberger Prozesse als Stätte für Wechselausstellungen. Ab 27. Oktober können Besucherinnen und Besucher ein Jahr lang die Ausstellung besuchen, in der ein besonderer Fokus auf die Perspektive der Betroffenen von rechtsterroristischen Anschlägen gelegt wird.

"Wir möchten so gut es geht zeigen, wer die Betroffenen sind", sagt der kuratorische Leiter Steffen Liebscher. Neben Liebscher ist auch Kuratorin Rebecca Weiß für den Inhalt der Ausstellung verantwortlich. Das Team hat sich dagegen entschieden, die Geschehnisse der Nachkriegszeit chronologisch aufzuarbeiten. Stattdessen werden die Terrorakte in vier Themenfelder eingeteilt: Revanchismus, also die Wut der Unterlegenen, Vigilantismus (die Feindschaft mit dem Staat), Antisemitismus und Rassismus.

Gute Zusammenarbeit

"25 Fälle und Geschichten haben wir abgebildet - einige aus Nürnberg, aber auch nationale und internationale Anschläge", sagt Liebscher. Darunter fallen neben bekannten rechtsextremen Terrorakten wie den NSU-Morden, dem Oktoberfestattentat oder auch dem Terroranschlag in Christchurch, auch weniger bekannte Attentate. "Wir haben uns Fälle angeschaut, bei denen es noch nicht so viele Informationen gibt", so Weiß, "mit dem Ziel, die Geschehnisse wirklich aufzuarbeiten". Es sei bemerkenswert, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Justiz, Archiven und den Ermittlungsbehörden funktioniert habe, resümiert die Kuratorin.

1982 stürmte ein Neonazi eine Nürnberger Disko - er war mit drei Schusswaffen und 200 Schuss Munition bewaffnet. Bei diesem rechtsterroristischen Anschlag wurden drei Menschen mit Migrationsgeschichte ermordet. In einem Zeugenaufruf haben sich die Mitarbeitenden des Memoriums Nürnberg an die Hinterbliebenen der Opfer gewandt - mit Erfolg. Die Verlobte eines Opfers hat neues Material in diesem Fall geliefert. "Das war ein rechtsterroristischer Anschlag, der vor den NSU-Morden verübt wurde" so Weiß.

"Aufklärung, Bildung und Aufarbeitung"

Mit der Terrorgruppe NSU könne man eine eigene Ausstellung füllen, sagt die Kuratorin. Ziel der Exposition sei aber, klarzumachen, dass es auch abgesehen von der NSU-Mordserie rechtsterroristische Gewalt in Nürnberg gibt und sie in der Stadtgeschichte eine große Rolle spielt. Dem schließt sich auch Julia Lehner an. "Rechtsextremismus hat Wurzeln in Nürnberg", sagt die Kulturbürgermeisterin und zählt die NS-Zeit, aber auch rechtsextremistische Anschläge und die Rolle von Nürnberg als Stadt der Menschenrechte auf. Deshalb sei die Ausstellung so wichtig, da sie zur "Aufklärung, Bildung und Aufarbeitung" beitrage.

Die Idee für die Schau kam vom Leiter des Nürnberger Memoriums. "Unsere Ausstellung macht das große Bedrohungspotential durch den Rechtsextremismus sichtbar." Der Eintritt für die Rechtsterrorismus-Ausstellung ist frei - "bei diesem Thema sollte man kein Geld verlangen", findet Thomas Eser, Direktor der Nürnberger Museen. In einem umfassenden Begleitprogramm mit Führungen für Schulkassen und Besucher, Podiumsdiskussionen, Vorträgen und einem inklusiven Angebot für blinde und gehörlose Personen wird zusätzliche Wissen vermittelt.

Verwandte Themen


Keine Kommentare