Autokorsos auf Frankenschnellweg sorgen für Ärger

12.11.2019, 05:57 Uhr
Eine Polizistin steht vor den Fahrzeugen eines türkischen Hochzeutskorsos. Der Konvoi hatte in Köln für Aufregung gesorgt.

© Thomas Kraus (dpa) Eine Polizistin steht vor den Fahrzeugen eines türkischen Hochzeutskorsos. Der Konvoi hatte in Köln für Aufregung gesorgt.

Dass der Verkehr am Frankenschnellweg oft zäh fließt, ist nicht neu. Dass es aber mal gar nicht vorangeht – noch dazu aus einem völlig vermeidbarem Grund –, das ist schon mehr als ärgerlich. So wie vor einer Woche, als die Wagenkolonne einer türkischen Hochzeitsgesellschaft die Straße lahmlegte.

Kurz nach der Jansenbrücke hielten sie ihre Autos an und blockierten mehrere Minuten lang beide Fahrstreifen in Richtung Rothenburger Straße. Der Polizei zufolge sollen sogar Personen ausgestiegen sein, um auf der Fahrbahn zu tanzen. Als wäre die Tanzeinlage und der daraus resultierende kurzzeitige Stau nicht genug, setzte der Korso seine Fahrt dann in Richtung Nürnberger Innenstadt fort, wo er ebenfalls für Verkehrsbehinderungen sorgte.

Eine rücksichtslose und gefährliche Form des Feierns, die laut Polizeisprecher Bert Rauenbusch bislang in Nürnberg so wohl noch nicht vorkam. Zumindest seien erst zwei Beschwerden über Autokorsos aktenkundig. Im Rest der Republik sieht das schon anders aus.

Brauchtum liegt zugrunde

Motorisierte "Feiern" von türkischen, arabischen, kurdischen oder albanischen Hochzeitsgesellschaften sorgten in Nordrhein-Westfalen, Berlin und anderen Bundesländern schon für Schlagzeilen. In einigen Fällen schreckten Teilnehmer selbst vor dem Abbrennen von Feuerwerksfackeln oder Freudenschüssen in die Luft nicht zurück. Doch was steckt hinter den ausufernden Korsos, die sich in letzter Zeit bundesweit zu häufen scheinen?

Mit Bräuchen aus der alten Heimat lassen sie sich nicht ohne weiteres erklären, betont die türkischstämmige Soziologin Hira Sertkaya (Name geändert). Autokorsos von Hochzeitsgesellschaften sind laut Sertkaya zwar verbreitet in der Türkei und gehen auf eine alte Tradition zurück, bei der eine Braut vor ihrem Elternhaus abgeholt und hoch zu Ross zum Haus ihres künftigen Gatten geführt wird. "Aber anderen Menschen den Weg abzuschneiden oder Straßen zu blockieren, ist ganz und gar nicht üblich", betont sie. Im Gegenteil: "Während die Menschen eine vorbeifahrende Hochzeitsgesellschaft oft per Hupe grüßen oder ihr zuwinken, könnte so eine mutwillige Straßensperre für handfesten Streit sorgen."

Mögliche Straftat

Massiven Ärger könnte ihre verantwortungslose Aktion auch Teilnehmern des Nürnberger Korsos einbringen: Die Polizei hat einen Zeugenaufruf gestartet und bittet Verkehrsteilnehmer, die durch den Korso behindert, gefährdet oder gar geschädigt wurden, sich bei der Polizeiinspektion Nürnberg-West zu melden.

Im Raum steht eine ganze Latte von Ordnungswidrigkeiten, wie etwa unnötiges Gehupe, Fahren über Rot oder mit eingeschalteter Warnblinkanlage sowie das Schwingen von Fahnen während der Fahrt. Sollte ein Korso duch seine Fahrweise zudem andere Fahrer nötigen oder gar gefährden, "dann sind wir ganz schnell im Bereich einer Straftat", so Rauenbusch.

Geht um Fotoshootings

Einer der Gründe, warum junge Menschen bei Autokorsos zunehmend über die Stränge schlagen, könnten laut Soziologin Sertkaya die Sozialen Medien sein: "Früher fuhr man im Korso mit, feierte und gut war‘s. Heute bleiben viele allein schon deswegen stehen, um Bilder von sich und den anderen zu machen und diese dann auf Instagram oder Facebook zu teilen."

Ganz so, wie es eine Leserin vor kurzem am Frauentorgraben erlebte. "Fünf beflaggte und mit Blumen geschmückte Autos parkten die rechte Fahrspur Richtung Plärrer zu", berichtet die junge Mutter. Für die Braut, die auf dem Gehweg stand und sich fotografieren ließ , hätte sie sich unter Umständen ja noch gefreut, sagt sie: "Aber dass der Verkehr fast völlig zum Erliegen kam, war einfach nur furchtbar ärgerlich."