"Banu muss bleiben": Nürnberger Ärztin soll abgeschoben werden

15.12.2020, 05:45 Uhr
Zuversichtlich: Banu Büyükavci bei der Kundgebung, die für sie veranstaltet wurde.

© Michael Matejka Zuversichtlich: Banu Büyükavci bei der Kundgebung, die für sie veranstaltet wurde.

Ihren fröhlichen Augen sieht man die Strapazen der letzten Jahre nicht an. Diese verengen sich beim Sprechen ständig, weil die Ärztin Banu Büyükavci viel lächelt. "Hey Banu!", wird sie bei der Kundgebung am Hallplatz immer wieder begrüßt. Die Menschen würden sie am liebsten umarmen oder ihr die Hand geben, weichen aber kurz vorher zurück. Wegen der Corona-Pandemie bleibt es bei einem "Ellbogen-Check". "Wir dürfen ja nicht", sagt Banu Büyükavci lachend.

Anschläge auf staatliche Einrichtungen?

Dr. Banu Büyükavci soll in die Türkei ausgewiesen werden. Dadurch würde sie ihre Niederlassungserlaubnis verlieren. Das Solidaritätsbündnis fordert deshalb die Stadt Nürnberg auf, das Ausweisungsverfahren gegen Büyükavci und die Mitangeklagten einzustellen.

Rückblick: Den zehn Angeklagten wurde vorgeworfen, das Auslandskomitee der kommunistischen türkischen Splitterpartei TKP/ML zu bilden. Ein militanter Flügel der TKP/ML wird für länger zurückliegende Anschläge auf staatliche Einrichtungen in der Türkei verantwortlich gemacht, bei denen es auch Todesopfer gab.

Banu Büyükavci und ihr Lebensgefährte waren nach fast dreijähriger U-Haft im Februar 2018 auf freien Fuß gekommen. Die damals verfügte Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Auflagen wurde rückgängig gemacht. 2019 wurden sie wieder inhaftiert. Anschließend kam sie wieder frei. Ein ewiges Hin- und Her, das sich seit Jahren zieht. Wie lebt man so?

Trotzdem normal leben

"Ich arbeite weiter", sagt Büyükavci, die promovierte Psychiaterin ist und seit 2012 im Klinikum Nürnberg arbeitet. Ihre Kolleginnen und Kollegen stehen felsenfest hinter ihr, sagt sie. "Ich werde normal leben und arbeiten, mein Anwalt kann noch nicht sagen wie es genau weitergeht."

Yunus Ziyal vertritt Banu Büyükavci als Rechtsverteidiger im Ausweisungsverfahren gegen die Ausländerbehörde der Stadt Nürnberg. Ob er zuversichtlich ist? "Schwierige Frage. Wir haben ein langes Verfahren vor uns. Der Gesetzgeber hat es so ausgestaltet, dass es sehr leicht ist, solche Ausweisungen vorzunehmen. Die Ausländerbehörde der Stadt Nürnberg hat ein Ermessen. Diese Solidaritätsaufrufe zielen darauf ab, das Ermessen zu Gunsten Frau Büyükavci abzuwägen."

Der Bescheid sei noch nicht in der Welt. "Wir sind gerade noch im Anhörungsverfahren. Ich werde dazu noch eine Stellungnahme erfassen." Die zentrale Aussage dessen wird lauten: Keine Ausweisung, so der Anwalt.

"Eine besondere Mandantin"

"Banu Büyükavci ist eine besondere Mandantin. Ich habe selten eine wie sie kennenlernen dürfen. Zum einen wegen ihres Wesens, aber auch wegen ihrer Art", erklärt der Anwalt, der Büyükavci auch im Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht München verteidigt hat. Die Zuversicht, ihre Gelassenheit und den Willen sich für die Sache einzusetzen, das sei schon sehr einzigartig.

"Ich finde es sehr empörend, dass sie ausgewiesen werden soll", sagt Manfred Hörner den Nürnberger Nachrichten, nachdem er ins Mikrophon zu den Menschen an der Kundgebung gesprochen hat. Er ist Rechtsanwalt aus Nürnberg und ebenfalls einer der Verteidiger im zurückliegendem Münchner Verfahren. "Es müsste klar sein, dass ihr bei einer Rückkehr in die Türkei aus meiner Sicht eine lebenslange Freiheitsstrafe und Folter drohen würde." Er bewundere Büyükavci, die er seit Jahren kennt, für ihren Mut und ihre Menschlichkeit.