Belastungstest: Was hält Nürnbergs Baumriese aus?

14.8.2020, 05:43 Uhr
Unter Zugzwang: der Hickory-Baum im Archivpark in Nürnberg. 

© Roland Fengler Unter Zugzwang: der Hickory-Baum im Archivpark in Nürnberg. 

Er ist ein Riese. 35 Meter ragt der Hickory-Baum mitten im Archivpark in die Höhe. Damit ist das Walnussgewächs einer der höchsten Parkbäume in der ganzen Stadt. Hundert Jahre ist der Gigant ungefähr alt und wirkt doch jung und kräftig. Das Holz der Hickory-Bäume gilt als sehr hart und belastbar.

Trotzdem blickt Karl Peßler kritisch hoch in die gerade erst frisch gestutzte Baumkrone. Der Leiter der Abteilung Baumkontrolle und -pflege beim Servicebetrieb öffentlicher Raum (Sör) fragt sich: Wie viel hält der Hickory-Baum noch aus? Der Grund für seine Sorge ist der Ahorn direkt daneben. An dem hat Peßlers Abteilung vor kurzem schwere Schäden festgestellt: ein Riss quer durch einen Teil des Stamms. Deshalb ist von der Krone des Ahorns viel weniger zu sehen als vor ein paar Wochen.


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Das Problem: Bislang haben Ahorn und Hickory hier quasi eine Einheit gebildet. „Bei Stürmen ist der Wind also um beide Bäume geweht“, sagt Preßl. Jetzt aber hat Sör den Ahorn einkürzen müssen, die vor Wochen noch volle Krone ist passé — und jetzt knallen Sturmböen mit voller Wucht auf den praktisch ungeschützten Hickory-Baum.

Also hat Sör nun getestet, wie viel der Riese aushält. Ein Zugversuch soll zeigen, ob der Baum noch ausreichend standsicher ist. Dafür haben die Sör-Mitarbeiter zunächst ein Stahlseil in der Baumkrone festgemacht. Am anderen Ende des Seils hängt schweres Gerät: ein Unimog. Millimeter um Millimeter wird die Krone mit einem Seilzug Richtung Boden gezogen. „So wird ein Sturmereignis simuliert.“ Anhand der Kraft, die dadurch auf den Baum wirkt, und dem Winkel, in dem sich der Stamm neigt, können die Experten feststellen, wie widerstandsfähig er ist.

Zumal die Bäume im Archivpark eine Vorgeschichte haben. Als die Grünanlage, die damals noch Colleggarten heißt, zusammen mit dem Friedrich-Ebert-Platz umgeplant werden soll, will die Stadt rund 80 Prozent der Bäume fällen. Der Grund ist im Boden versteckt: Etliche Gewächse sind vom Hallimasch-Pilz befallen, andere obendrein an Weißfäule erkrankt. Außerdem sollen manche für einen größeren Spielplatz und Fußwege Platz machen.


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Die Anwohner aber wehren sich, auch Naturschützer üben heftige Kritik. Mit Erfolg: Der Kahlschlag ist kurze Zeit später vom Tisch, auch der alte Hickory-Baum darf bleiben. Doch auch der Hallimasch bleibt, „er ist im Boden, gegen den kannst du nichts machen — er ist überall“, sagt Karl Peßler bei einer Ortsbegehung mit Bund Naturschutz, der Regierung von Mittelfranken und dem Bürgerverein St. Johannis. Immerhin: Auch dem Pilz tut die Trockenheit nicht gut. Noch besser aber ist ein vitaler Baum, sagt Peßler. Der hält auch dem Befall stand. Und Stürmen.

Das Ergebnis: Der Zugversuch ist erfolgreich verlaufen. Der Baum hat die Prüfung bestanden und kann in seiner jetzigen Form stehen bleiben.

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