Bis zu zwei Stunden: Warten auf den Einlass im Tiergarten

13.6.2020, 06:00 Uhr
Bis zu zwei Stunden: Warten auf den Einlass im Tiergarten

© Foto: Hartmut Voigt

Zweieinhalb Stunden ist die vierköpfige Familie Schmidt aus Augsburg hergefahren, um einen schönen Tag im Tiergarten zu verbringen. Gegen 11 Uhr stehen die Eltern mit ihren beiden kleinen Kindern ratlos vor dem Eingang. Eine endlos lange Schlange von Wartenden zieht sich Hunderte Meter an der Straße am Tiergarten entlang.

Zwar kann man bei sommerlichen 25 Grad Celsius im Schatten der knorrigen Baumriesen stehen, aber wer will dort schon zwei Stunden aushalten? Die Tiergarten-App zeigt nämlich 120 Minuten Wartezeit an. Nur 3250 Menschen dürfen gleichzeitig Löwen, Tiger, Delfine oder Gorillas anschauen. Wenn die Zahl erreicht ist, macht der Sicherheitsdienst dicht. Die Corona-Vorschriften sind streng. Erst wenn Besucher den Zoo wieder verlassen, dürfen die nächsten hinein.

"Jetzt haben die Kinder schon so lange im Auto gesessen, da können wir ihnen nicht noch zwei Stunden Wartezeit zumuten", sagt Familienvater Andreas Schmidt enttäuscht, seine Frau Olga nickt. Ein Passant rät ihnen, lieber am Dutzendteich Tretboot zu fahren: "Da haben die Kinder mehr davon."

Heute noch mehr Zulauf?

Das tun die Augsburger dann auch. Sie sind nicht die einzigen, die resignieren. Viele weitere Gäste drehen am Freitag beim Anblick der weiter wachsenden Warteschlange wieder um. Das strahlend sonnige Wetter lockt Tierfreunde in Massen an — sogar mehr als am Pfingstmontag, als insgesamt 6666 Gäste gezählt wurden. Und der Zustrom kann sich am heutigen Samstag, für den Meteorologen 29 Grad Celsius vorausgesagt haben, noch einmal steigern.

Natürlich ist der Tiergarten-Besuch vom Wetter abhängig: Wenn es regnet, beträgt die Wartezeit null Minuten. Aber auch bei Sonne und klarem Himmel gibt es Zeiten, an denen man den Stau vor dem Eingang vermeiden kann. "Sie müssen gleich um acht Uhr morgens bei der Eröffnung da sein, dann haben sie den Tiergarten ganz für sich", verrät Brezenverkäuferin Erika Kamleiter, deren Stand sich direkt neben dem Eingangszelt befindet.

Auch gegen 14 Uhr sei eine gute Zeit, so die Verkäuferin, weil da der erste große Pulk an Besuchern den Tiergarten wieder verlässt. Und auf jeden Fall müsse man Getränke dabei haben, um die Wärme auszuhalten. Tatsächlich zeigt die Tiergarten-App gegen 14 Uhr an: keine Wartezeit.

Doch warum macht es der Nürnberger Zoo nicht wie der Tierpark Berlin, der nur Online-Tickets mit zeitlicher Beschränkung (vier Stunden) verkauft, um endlose Warteschlangen, Ärger und Enttäuschung zu vermeiden? "Ärger gibt es beim Online-Kartensystem genauso", sagt Tiergarten-Direktor Dag Encke, "denn Dauerkartenbesitzer haben sich in anderen Städten Null-Euro- Tickets an mehreren Tagen ausgedruckt, kommen aber nicht jeden Tag. Sondern sie suchen sich die ihnen Passenden heraus. Damit blockieren sie aber andere Kunden." Außerdem lasse sich kaum überprüfen, ob die Gäste ihre Zeitfenster einhalten, so Encke.

Beim Nürnberger Tiergarten ist zwar das Online-Kassensystem auch installiert und im Hintergrund getestet. Es soll erst zum Einsatz kommen, wenn die Zahl der zugelassenen Besucher deutlich erhöht wird. "Wir haben beim Kartenverkauf viel überlegt, aber unser System scheint mir das Gerechteste", meint Encke. Extrem lange Wartezeiten gebe es schließlich nur bei so schönem Wetter wie gestern. Ansonsten sei es kein Problem, meint der Zoologe.

Wer es erst einmal in den Tiergarten hinein geschafft hat, der muss sich dort an die Corona–Vorschriften halten: 1,50 Meter Abstand, auf den Toiletten Mund-Nasenschutz. Den Mindestabstand sollte man in dem 65 Hektar großen Areal einhalten können. Aber vor bestimmten Anlagen wie den Spielplätzen oder bei den Rhesusaffen, Delfinen, Eisbären und Raubkatzen wird es dann doch viel zu eng. Jeder will den brüllenden Löwen von ganz nahe sehen — da drängen sich dann die Besucher an der Sandsteinmauer.

"Die Leute sind diszipliniert und halten Abstand. Aber sobald die Tieren in Aktion sind, füllen sich die Sicherheitsabstände", bestätigt Encke, "was sollen wir machen? Wir weisen mit Schildern auf die Abstandspflicht von 1,50 Meter hin. Aber wer sie trotzdem nicht einhält, dem könnten wir höchstens Hausverbot erteilen. Und das wäre albern."

Verwandte Themen


1 Kommentar