Bitte schütteln: Johannis-Geist muss aus der Flasche

15.10.2012, 00:00 Uhr
Bitte schütteln: Johannis-Geist muss aus der Flasche

© Roland Fengler

Mit der Euphorie im Sport ist es so eine Sache. Manchmal trägt sie eine Mannschaft über eine Saison hinweg, hilft, auch schwierige Situationen zu überstehen. Bei den Ringern der SV Johannis Nürnberg sprach man dann gerne vom speziellen Johannis-Geist, der in den vergangenen Jahrzehnten immer dann aus der Flasche gelassen wurde, wenn es galt, gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner zusammenzustehen oder mit besonderem Engagement finanzielle Nachteile auszugleichen.

„An dieser Flasche müsste man wieder mal kräftig rütteln“, sagt Udo Schmitt — und meint die Flasche mit dem Johannis-Geist. Die Ringer-Abteilung des 600-Mitglieder-Vereins steckt gerade ziemlich in der Klemme — sportlich wie finanziell. Denn die vom ehemaligen Abteilungsleiter Guido Fischer forcierte Entscheidung, die zweite Mannschaft von der Oberliga in die 2. Liga aufsteigen zu lassen und somit gleich zwei Bundesligisten ins Rennen zu schicken, erweist sich derzeit als eine Art doppelter Nelson, also ein Griff, bei dem man nur noch ganz schwer den Kopf aus der Umklammerung bringt.

„Einige im Verein haben davor gewarnt, dass es Harakiri sei, mit Staffeln in der ersten und zweiten Bundesliga anzutreten“, sagt Schmitt. Gut möglich, dass er vor einem Jahr, auch dieser Meinung war. Aber er sagt es nicht ausdrücklich. Die zwei Lager, die über diese Entscheidung bei den Johannis-Ringern entstanden sind, haben jedenfalls dazu geführt, dass Fischer den Abteilungsvorsitz kurz vor Beginn der Saison niederlegte. Schmitt und Bruno Besold haben das Amt kommissarisch übernommen und versuchen nun, die schwierige Saison halbwegs heil zu überstehen.

Weil die beiden langjährigen Trainer Bernhard Rieger und Andreas Buchhorn auch ihre Ämter niederlegten, musste noch schnell ein Mattenchef verpflichtet werden. Den fand man in Cornel Rusu. Der Rumäne konnte in der ersten Liga mit dem angestammten Mattenpersonal, das sich auch noch mit einer hartnäckigen Verletzunsgmisere herumplagt, noch keinen Sieg feiern. Acht Kämpfe, acht Niederlagen, so lautet die unerfreuliche Bilanz. Am Samstag gab es eine 6:33-Abfuhr beim SV Triberg. In der zweiten Bundesliga sieht es etwas besser aus, da rangiert Johannis II mit 8:6 Punkten auf dem vierten Platz.

Auf rund 120000 Euro beziffert der ehemalige Meisterringer Schmitt den Etat, den er für die zwei Staffeln braucht. „Wer in der Bundesliga unter die ersten Vier kommen will, um die Endrunde zu erreichen, der braucht mindestens 250000 Euro“, sagt der 49-Jährige. Das Ringer-Oberhaus ist eine Zweiklassengesellschaft, in der teilweise lupenreine Amateure am Samstagabend gegen Berufsringer aus dem Ausland antreten.

Dies würde Schmitt seinen Sportlern künftig gerne ersparen. Er sieht Johannis gut in der zweiten Liga aufgehoben, mit vor allem heimischen Ringern und einem Trainer, der aus der Region kommt. Die sportlichen Vorzeichen sehen auch ganz danach aus. Das Bundesliga-Team der Johannis-Grizzlys wird wohl absteigen, damit muss die zweite Mannschaft automatisch in die Oberliga zurück, weil nur eine Riege eines Vereins pro Klasse erlaubt ist.

Schmitt und Besold können dies allerdings nicht alleine entscheiden. Wichtiger Faktor ist der Förderverein der Ringer, der sich eigentlich die Erstklassigkeit auf die Fahnen geschrieben hat. „Ohne die Unterstützung des Fördervereins können wir nicht überleben“, sagt Schmitt, der hofft, dass der von ihm angestrebte sportliche Gesundschrumpfungsprozess akzeptiert wird. Mit einer schlagkräftigen Staffel in der zweiten Liga würde es, so hofft er, wieder mehr Siege und damit mehr Zuschauer geben. Die haben zuletzt auch mit Zurückhaltung geglänzt. So fehlt der berühmte Johannis-Geist auch als Stimmungsmacher bei den Kämpfen am Zeisigweg. Es wird wohl wirklich Zeit, dass einige an der Flasche rütteln.

 

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