Blühende Bushäuschen für Nürnberg? VAG ist skeptisch

27.8.2019, 05:55 Uhr
Es grünt so grün ganz oben drauf: Bienenfreundliches Bushäuschen im holländischen Utrecht. Hier scheinen die Probleme mit der Statik bewältigt worden zu sein.

© Foto: Remko de Waal / ANP / AFP Es grünt so grün ganz oben drauf: Bienenfreundliches Bushäuschen im holländischen Utrecht. Hier scheinen die Probleme mit der Statik bewältigt worden zu sein.

Hier brummt nicht mehr nur der Bus, wenn er an- und abfährt. Sondern auch Bienen und Hummeln, die den wartenden Fahrgästen im holländischen Utrecht künftig aufs Dach über dem Bushäuschen steigen. 300 Haltestellen in Utrecht sind seit kurzer Zeit bepflanzt, auf den Bushäuschen wachsen vor allem genügsame Sedum-Pflanzen — weil die bei Bienen besonders beliebt sind.

Und auch beim Verkehrsbetrieb in Utrecht. Die Dickblattgewächse, in Deutschland vor allem als Mauerpfeffer und Fetthennen bekannt, filtern nicht nur Feinstaub, sie speichern auch Regenwasser. Dadurch sind die Pflanzen an den sogenannten "Beestops" (zu deutsch: Bienenhaltestellen) sehr pflegeleicht.

Wartehäuschen gehören der Stadtreklame

Die Idee kommt an, auch bei Nürnbergs Bürgermeister Christian Vogel. "Ich finde es durchaus einen interessanten Ansatz. Genau deshalb sollte man darüber reden und es auch prüfen", sagt der VAG-Aufsichtsratsvorsitzend. Gespräche sind schon deshalb nötig, weil die 801 Wartehallen in Nürnberg weder der Verkehrs-Aktiengesellschaft noch der Stadt gehören. Sondern der Stadtreklame. "Einfach anordnen" könne er das nicht, "es ist ja mit Kosten verbunden", sagt Vogel, "aber wir haben gute Gespräche diesbezüglich!"

Die VAG aber ist skeptisch. Denn wenn es darum geht, Bus- oder Straßenbahnhäuschen neu, aus- oder umzubauen, ist der Verkehrsbetrieb sehr wohl gefragt, sagt Sprecherin Stefanie Dürrbeck. Und aktuell gebe es "keine konkreten Überlegungen", die Bus- und Straßenbahnhäuschen zu bepflanzen.

Sorgen wegen Statik

Bei den meisten Wartehallen der Tram sei das ohnehin kaum noch möglich. Da setzt die VAG nämlich schon länger auf Transparenz, "die Dächer sind deshalb aus Glas". Bis 2021 werden Straßenbahnhäuschen noch umgebaut.

Und auch bei den Bushäuschen haben die Fachleute im Verkehrsbetrieb Bedenken. "Die sind einfach nicht auf eine Bepflanzung ausgelegt", sagt Dürrbeck, bei manchen scheitert es schon an einem für die Bepflanzung notwendigen Rahmen am Dach. Aber auch alle anderen Bushaltestellen-Dächer seien statisch nicht für eine Begrünung ausgelegt.

"Wir müssten ja Setzkästen verwenden. Wenn die sich im schlimmsten Fall im Herbst ordentlich mit Regen füllen und es danach schnell gefriert, tragen die Dächer das nicht", erklärt Stefanie Dürrbeck. Im Zweifel müssten die Setzkästen im Herbst dann eingesammelt und zur Überwinterung eingelagert werden.

Der Ertrag stehe dann aber in keiner Relation zum Aufwand. Zumal auch Fetthennen in wirklich heißen Sommern Pflege benötigen. "Dann hat es auf dem Dach nämlich bis zu 50 Grad Celsius."

Modell-Wartehalle für Nürnberg?

Christian Vogel will der Idee trotzdem eine Chance geben. "Wenn es möglich ist, soll erst mal eine Modell-Wartehalle aufgestellt werden", sagt er, als Test. Denn: "Versuchen sollte man es", sagt Nürnbergs Zweiter Bürgermeister. Das findet auch die SPD in Fürth. Die hat bereits in einem Antrag gefordert, dass es auch hier bald Bienenhaltestellen gibt. Den beiden jungen SPD-Stadträten Maurice Guglietta und Sarah Jonescu dient dabei auch die 300 000-Einwohner-Stadt Utrecht als Vorbild.

Anders als die VAG ist die für den Busverkehr zuständige infra Fürth nicht abgeneigt. "Wir versperren uns da nicht, denn wir wollen ja auch nachhaltig arbeiten", sagt Wolfgang Greul. Etwas bremst der Prokurist dann doch: Versprechen könne er nichts, zunächst müsse man Fachleute hören und mit ihnen klären, was machbar ist.

 

Außerdem müsse man sich erst mit den privaten Firmen absprechen, denen die Bushäuschen gehören. In Erlangen gehören die Wartehallen zu einem Teil den Erlanger Stadtwerken, "andere wiederum direkt der Stadt Erlangen in Zusammenarbeit mit einer Werbefirma, die hier entsprechende Werbung vermarktet", erklärt Thomas Lober. Er ist Abteilungsleiter Energievertrieb und Marketing der ESTW. "Begrünte Bushäuschen sind in Erlangen noch kein Thema." Auch hier geht’s um die Statik.

Rasengleise statt grüner Dächer

Beim Umweltschutz sind die Stadtwerke trotzdem sehr aktiv. "Wir sind beispielsweise der größte Waldbesitzer in Erlangen", verrät Lobe, "und wir unterstützen Bauern finanziell, damit sie ihre Felder rund um unsere Wassergewinnungsgebiete ökologisch bewirtschaften."

Die VAG wiederum will gerne mehr Rasengleise installieren, weil mit denen nicht nur Bienen und Insekten geholfen wird, "das Erdreich wird auch von Tieren genutzt", sagt VAG-Sprecherin Dürrbeck. So grün wie möglich will der Verkehrsbetrieb sein. Bei der Wendeschleife in Erlenstegen hat die VAG vor kurzem Sandmagerrasen gepflanzt. Und: Die Dächer der Betriebsgebäude in der Kafkastraße, in der Heinrich-Alfes-Straße und das Büro- und Werkstättengebäudes an der Maximilianstraße sind großflächig begrünt. Auch für Bienen.

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