Brunecker Straße: Noch viel Arbeit bis zum neuen Quartier

12.5.2015, 06:00 Uhr
Das Areal Brunecker Straße liegt seit vielen Jahren weitgehend im Tiefschlaf. Es war einst Güterbahnhof, später unansehnlicher Schrottplatz, und ist seit Jahren weitgehend leergeräumt. Hier soll in den nächsten Jahren Neues entstehen, Gewerbe, Grün und Wohnbebauung.

© Stefan Hippel Das Areal Brunecker Straße liegt seit vielen Jahren weitgehend im Tiefschlaf. Es war einst Güterbahnhof, später unansehnlicher Schrottplatz, und ist seit Jahren weitgehend leergeräumt. Hier soll in den nächsten Jahren Neues entstehen, Gewerbe, Grün und Wohnbebauung.

Die Idee: Nürnberg wächst und braucht dringend Platz fürs Wohnen. Am ehemaligen Südbahnhof liegt ein riesiges Areal weitgehend brach, das die Bahn nicht mehr braucht. Seit 15 Jahren träumt man deshalb von einem neuen Nürnberger Stadtteil, für den von Anfang an die Faustregel galt: ein Drittel Wohnen, ein Drittel Gewerbe, ein Drittel Grün.

Eine begrünte Verbindung soll sich vom Hasenbuck durchs Quartier bis zur Münchener Straße ziehen, ein Stadtteilpark, Wasserflächen und Plätze für Wohnqualität sorgen, Gewerbeflächen als Lärmschutz dienen. Zwölf Architekturbüros haben jetzt in einem städtebaulichen Wettbewerb konkrete Vorschläge gemacht.

Vor allem auf Drängen des Wirtschaftsreferats und der CSU hat sich die Faustregel stark verändert. 25 Hektar groß ist eine sogenannte Joker-Fläche, die bis Ende der 2020er Jahre ausgespart bleiben und entweder für Wohnungsbau oder für Gewerbe verwendet werden soll. Es könnte also weit weniger Wohnraum als ursprünglich geplant entstehen. Dass man Wohnen und Arbeiten "wieder enger zusammenbringen könnte", glaubt Siegfried Dengler vom Stadtplanungsamt. Ein Kompromiss?

Bodenproben bringen Umweltanalytiker zum Schwitzen

Der Boden: Wie ein Schwamm hat sich das Erdreich jahrzehntelang mit Gift vollgesogen. Hier lag ein Güterbahnhof, hier fielen im Zweiten Weltkrieg Bomben, mit messbaren Folgen, die Umweltanalytiker zum Schwitzen bringen. Seit den 1980er Jahren sei man auf dem Areal unterwegs, heißt es im Umweltamt der Stadt. Amtschef Klaus Köppel kennt die harmlos aussehende Sandfläche wie seine Westentasche. Zitat: "Dort gibt es keine Überraschungen mehr. Das ist zu bewältigen."

Bewältigt werden müssen unter anderem krebserregende Lösungsmittel aus ehemaligen Tanklagern, die im Grundwasser schwimmen. Mehr als tausend Bohrungen gab es bereits, an acht Stellen wurde Grundwasser mit Aktivkohlefiltern gereinigt. Köppel zum Projekt: "Das ist nun mal kein Bauen auf der grünen Wiese." Besonders heikel seien Flächen, auf denen einmal Kinder spielen oder wo Grünzonen entstehen sollen.

Was im Boden unter Gewerbebetrieben zulässig ist, wird anderswo nicht toleriert. Dann muss Erde ausgetauscht, versiegelt oder isoliert werden. Hotspots nennt man im Umweltamt neun neuralgische Punkte, bei denen man noch genau hinsehen müsse.

Straßenbahnlinie 8 wird verlängert

Den Plan: Er wird Flächennutzungsplan Brunecker Straße heißen und eine eigene Nummer haben. Hier werden die Dimensionen und die Anordnung der Gebäude festgeschrieben, der exakte Ort für Grün, für Wohnen und für Gewerbebetriebe, aber auch Straßen und der Nahverkehr. Zwei bis drei Jahre lang werde diese B-Plan-Prozedur für die 95 Hektar dauern, sagt Baureferent Daniel Ulrich. Erst dann darf im Detail geplant und gebaut werden, erst dann wird die verlängerte Straßenbahnlinie 8 entworfen.

Ein Preis, der gezahlt werden muss, damit die Ideen des Wettbewerbs und die Wünsche der Bürger in Ruhe einfließen können - und das, was die Stadt selbst dort haben will. Wie hoch, in welchen Grenzen und was dort gebaut werden darf, dies steht im Bebauungsplan. Ob Wohnhaus, Lagerhalle oder Handwerksbetrieb, ob Sattel-, Flach- oder Pultdach bei den geplanten Mehrfamilienhäusern, wo Straßen und Wege verlaufen, das schreibt er fest.

Der Name "Lichtenreuth" löst Unwillen bei Stadt aus

Den Investor: Wer das sein wird, sei die große Frage, heißt es im Baureferat. Ob Eigentümerin Aurelis Real Estate das Areal behalten und selbst bebauen oder die vier Abschnitte entwickeln und dann verkaufen wird, ist offen. Die rund 1000 neuen Wohneinheiten im ersten Bauabschnitt nahe am Hasenbuck könnten nur international agierende Konzerne stemmen, glaubt Baureferent Daniel Ulrich. Und schränkt gleich ein: "In Nürnberg könnte das auch die wbg."

Tatsächlich fällt der Name der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft immer wieder, zumal im neuen Stadtteil 30 Prozent geförderte Wohnungen entstehen sollen. Die steigenden Bodenpreise in Nürnberg machen das Gelände heute interessanter denn je. Neben der drängelnden Stadt haben die Traumpreise die stockenden Verhandlungen wieder in Gang gebracht.

Den Namen: Der Immobilienentwickler Aurelis nennt den neuen Stadtteil Lichtenreuth, was so viel wie gerodete Fläche bedeutet. Je öfter der Name in Aurelis-Presseerklärungen steht, desto mehr Unwillen löst das bei der Stadt aus, so Baureferent Ulrich. Weder liege das neue Viertel im Wald, noch könne eine Immobilienfirma einen Stadtteilnamen einfach festlegen, reagiert man verschnupft.

Offiziell liegt das Areal zwischen Münchener Straße und dem Rangierbahnhof in der Gemarkung Gibitzenhof, doch das spielt laut Baureferent Ulrich keine Rolle. Zitat: "Erst muss man das Kind auf die Welt bringen." Vielleicht fänden die künftigen Bewohner einen Namen, vielleicht ergebe er sich von alleine. Der Hasenbuck, so Ulrich, sei auch nie offiziell Hasenbuck getauft worden.

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