Caterer für Schulen und Kitas: "Wo ist der Horizont?"

22.1.2021, 05:54 Uhr
Warmes Essen an Schulen und Kitas wird derzeit kaum gebraucht: Wegen Corona brechen den Caterern die Aufträge weg.

© Britta Pedersen Warmes Essen an Schulen und Kitas wird derzeit kaum gebraucht: Wegen Corona brechen den Caterern die Aufträge weg.

Den Betrieb wegen der Schulschließung im Frühjahr 2020 runterfahren, dann im Zuge der Lockerungen wieder loslegen, derzeit erneut kaum Arbeit - es ist ein Hin und Her für die Caterer. "Wir sind leiderprobt", sagt Stephan Mitesser von der gemeinnützigen Catering Toleranz, einem Tochterunternehmen der Lebenshilfe Nürnberg. Die Catering Toleranz bietet etwa 1400 Mädchen und Jungen an neun Schulen im Stadtgebiet ein Mittagessen, das an einigen der Schulen von den Mitarbeitern des Servicedienstleister WerkStadt der Lebenshilfe ausgegeben wird.


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39 Frauen und Männer arbeiten für die beiden gemeinnützigen Gesellschaften, über 40 Prozent von ihnen haben eine Schwerberhinderung. Die Wochen des erzwungenen Nichtstuns wegen Corona haben sich aber auf die Motivation nicht ausgewirkt. "Unsere Mitarbeiter wollen arbeiten, die Bereitschaft ist sehr hoch", berichtet Stephan Mitesser. Immerhin: Für Wohngruppen und andere Einrichtungen kann das Inklusionsunternehmen derzeit kochen. Doch das mache eben nur etwa 20 Prozent aus, der Hauptteil des Geschäfts ist der Bereich Schule. Wann es bergauf geht, ist derzeit unklar. Der Geschäftsführer der Catering Toleranz fragt sich: "Wo ist der Horizont?"

Hohe Zusatzkosten

Die Pandemie wirkt sich gewaltig auf die Bilanzen aus. Ohne Kurzarbeit der Beschäftigten geht es nicht, für etwas Hoffnung sorgt eine neue öffentliche Förderung für Inklusionsunternehmen. Für das Jahr 2020 musste die Catering Toleranz Umsatzeinbrüche von knapp 50 Prozent hinnehmen. Gleichzeitig kommen durch die Umsetzung der neuen Corona-Hygienekonzepte Zusatzkosten hinzu.

Dieses Phänomen kennen auch andere Betriebe - wie der Anbieter "Biocater", der Horte und Kitas beliefert. Wegen der Corona-Sicherheitsvorgaben ist der Aufwand "relativ groß", wie Küchen-Betriebsleiter Gerd Kiefl sagt. Und bringt es auf den Punkt: "Die Fixkosten bleiben, der Umsatz ist gering."

Auch bei der Stadt ist man sich der Problematik bewusst. Sonja Bauhus, die stellvertretende Leiterin des Amts für Allgemeinbildende Schulen, berichtet von einer engen Zusammenarbeit bei der Mittagsverpflegung zwischen den Schulen und Caterern im Zuge der Pandemie. "Die Essenszahlen sind im Jahresdurchschnitt 2020 durch den Lockdown, die verschiedenen Beschulungsformen und das fakultative Aussetzen der Ganztagsbetreuung bis zur Rückkehr in den Regelbetrieb ab Herbst 2020 natürlich massiv gesunken." Und sie sagt: "Die Caterer mussten und müssen hier im Augenblick starke Umsatzeinbußen hinnehmen."


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Nicht anders ist die Situation bei den städtischen Kitas. Kerstin Schröder, Leiterin des Jugendamts, teilt mit: "Wir standen und stehen laufend mit unseren Caterern in Kontakt und arbeiten vertrauensvoll mit diesen zusammen. Die Situation ist für die Unternehmen schwierig. Nach unseren Informationen fingen sie die Ertragsausfälle unter anderem durch Kurzarbeit und durch Belieferung von anderen Einrichtungen, zum Beispiel Krankenhäusern, auf."

Unter anderem kocht SF Franken-Catering für die städtischen Kitas. "Es ist ein Kraftakt, den wir bewältigen müssen", sagt denn auch Antje Förstl von SF Franken Catering. Kindergarten-, Hort- und Schulverpflegung ist die Hauptarbeit, die Versorgung von Seniorenheimen und anderen Einrichtungen ist nur ein Randbereich. Täglich können bis zu 14.000 Essensportionen gekocht werden, doch davon können die 85 Mitarbeiter derzeit nur träumen.

Die Kunst des Improvisierens

Umplanen, flexibel sein und improvisieren: Das ist bei Geschäftsführerin Antje Förstl derzeit das Tagesgeschäft. Ein Beispiel: Als am Montag, 11. Januar, nach den Weihnachtsferien die Kitas im Notbetrieb öffneten, war völlig unklar, wie viele Kinder denn nun kommen und ein warmes Essen benötigen. "Das war das völlige Chaos. Ich habe früh am Morgen noch nicht gewusst, wie viele Essen wir kochen müssen."

Bitter war der erste Lockdown mit Schließung der Kitas und Schulen im Frühjahr. Frisches Essen im Wert von 15.000 Euro wurde plötzlich nicht mehr gebraucht und musste entsorgt werden. "Das Geld, die Lebensmittelverschwendung", seufzt Antje Förstl. Doch die riesigen Mengen hätte man nicht mal eben weiter verschenken können, betont die Geschäftsführerin: "Wir haben zum Beispiel eine Tonne Quark vernichtet. Da hätte man wochenlang essen müssen, der Quark wäre trotzdem irgendwann schlecht geworden."

Caterer arbeiten im Bereich Kitas und Schulen mit einer "Minimal-Kalkulation", wie Antje Förstl erwähnt. Die Eltern seien sehr preissensibel. Für ein warmes Bio-Mittagessen berechnet der Caterer für ein Krippenkind 3,10 Euro, in der Schule sind es zwischen 3,80 Euro und 4,50 Euro (hier sind die Portionen größer, der Bio-Anteil jedoch geringer). "Für diesen Preis kochen wir und liefern an", betont die Geschäftsführerin.

In der vollautomatisierten Küche müssen Profis ran: "Da wird jedes Gramm Salz ganz exakt abgewogen. Ich brauche qualifizierte Kräfte." Deswegen sind auch Entlassungen kein Thema, der Caterer setzt vielmehr auf Kurzarbeit. Stolz ist Antje Förstl darauf, dass in der Krise kein einziger Mitarbeiter gekündigt hat. Ihr Ziel ist es, die Leute weiter zu motivieren und halten - und die Pandemie zu überstehen.

"Nicht schon wieder!"

Als im Dezember die Kitas und Schulen geschlossen wurden, war Förstls erster Gedanke: "Nicht schon wieder!" Doch es hilft alles nichts. Augen zu und durch: So lautet jetzt die Devise. Weiter kochen, weiter improvisieren, weiter machen. Dennoch sagt sie: "Ich habe ein ganz ungutes Gefühl."

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