"Cool und ansteckend": Nürnberger SPD sieht sich im Aufwind

18.3.2017, 20:00 Uhr
Wofür die Nürnberger SPD steht und was sie erreichen will, entfaltet auf der Jahreshauptversammlung im Uhrenhaus ein mehrseitiger Leitantrag unter dem Motto "Mehr Zeit für Gerechtigkeit".

© Horst Linke Wofür die Nürnberger SPD steht und was sie erreichen will, entfaltet auf der Jahreshauptversammlung im Uhrenhaus ein mehrseitiger Leitantrag unter dem Motto "Mehr Zeit für Gerechtigkeit".

Umso größer die Erwartung, dass ihr Hoffnungsträger Martin Schulz an diesem Sonntag offiziell als Spitzenkandidat und Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel nominiert wird – und die Partei hinter sich scharen kann.

"Wir setzen uns für die ein, die nicht verdienen, was sie verdient hätten", fasste der Unterbezirksvorsitzende Thorsten Brehm bei der Jahreshauptversammlung der Nürnberger SPD die Kernbotschaft zusammen. Dass die Partei – mit ihrer mehr als 150-jährigen Tradition – nun wieder "cool und ansteckend" wirkt, habe sie allerdings nicht allein Schulz zu verdanken, sondern sei sicher auch eine Reaktion auf den Schock durch die Präsidentschaftswahl in den USA wie auch auf das Erstarken der Rechtspopulisten und -radikalen in Europa.

"Die spalten, hetzen und holen das Niedrigste aus den Menschen heraus. Wir aber bieten das Kontrastprogramm dazu", so Brehms Analyse. "Und die SPD war nie erfolgreich, wenn sie versuchte, dem Zeitgeist nachzulaufen." Eine Spitze gegen das Liebäugeln mit allzu wirtschaftsliberalen Positionen.

Seine rhetorisch geschickte und inhaltlich prägnante Grundsatzrede brachte dem 32-Jährigen nicht nur viel Applaus ein. Die mehr als 180 Delegierten aus den Ortsvereinen würdigten seinen Einsatz im Amt auch mit einem eindrucksvollen Wahlergebnis: Bei nur fünf Gegenstimmen bestätigten sie Brehm an der Spitze des dreiköpfigen Parteivorstands. Auch seine Stellvertreter, der Stadtrat Nasser Ahmed, und die Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich, durften sich über starke Mehrheiten freuen.

"Mehr Zeit für Gerechtigkeit"

Wofür die SPD steht und was sie erreichen will, entfaltet ein mehrseitiger Leitantrag unter dem Motto "Mehr Zeit für Gerechtigkeit". Die Kernpunkte sind zwar weithin bekannt, werden aber noch einmal übersichtlich zusammengefasst. Unter anderem gehört dazu:

- Das Rentenniveau soll nicht weiter sinken; wer eine reguläre Vollzeittätigkeit ausübe, dürfe im Alter nicht bloß mit einer Rente auf Sozialhilfeniveau abgespeist werden. Eine der Konsequenzen: eine deutliche Anhebung des Mindestlohns.
- die Eindämmung von prekärer Beschäftigung und der "Befristungsorgie", wie es Brehm nannte. "Flexibilisierung ist gut und schön, darf aber nicht in Willkür ausarten. Die Normalarbeitsverhältnisse sind ein wichtiger Stabilitätsanker für die Gesellschaft."
- eine solidarische Bürgerversicherung für Leistungen aus dem Gesundheitswesen
- anhaltend hohe Investitionen in Kindertagesstätten und Schulen
- eine weitere Verstärkung der Wohnungsförderung

Marode Schulen und Brücken seien versteckte Schulden

Die bereits viel diskutierten Vorschläge von Martin Schulz für ein "Arbeitslosengeld Q" zur Verstärkung von Weiterbildung und Qualifizierung "gehen in die richtige Richtung", unterstrich neben Brehm auch Oberbürgermeister Ulrich Maly. Schließlich sei es unrealistisch zu erwarten, dass Menschen mit einer durch Arbeitslosigkeit "gebrochenen" Biografie mit den bisher meist üblichen "Maßnahmen" von einigen Monaten wieder im Arbeitsleben Fuß fassen könnten.

Als Augenwischerei bezeichnete Maly das Beharren auf einer "schwarzen Null" im Haushalt, solange die Infrastruktur des Landes verkomme. Marode Schulen oder Brücken seien dann nichts anderes als versteckte Schulden. "Es kommt darauf an, insgesamt die Balance zu finden und zu halten zwischen der Verteilungsgerechtigkeit und den finanziellen Notwendigkeiten für das Gemeinwohl."

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