CrossFit-Bundesliga: Von der WG-Küche zum Event

21.6.2019, 17:14 Uhr
CrossFit war vor einigen Jahren noch ein Fremdwort - nun gibt es mehr als 200 "Boxen" in Deutschland.

© Foto: Bade/Fitness-Bundesliga CrossFit war vor einigen Jahren noch ein Fremdwort - nun gibt es mehr als 200 "Boxen" in Deutschland.

Nico formuliert so scharf, wie man sich das von einem Start-Upper erwartet. Er spricht von learnings und erzählt die Geschichte seiner "Multi-Million-Dollar-Idee", die natürlich in der Küche einer WG geboren wurde und die ihn mehrere Tage nicht hatte einschlafen lassen. Und wie selbstverständlich skizziert er eine Vision: "Wir wollen das soweit etablieren, promoten und pushen, dass jeder was damit anfangen kann und irgendwann jeder am Samstag- oder am Sonntagnachmittag bei Kaffee und Kuchen auf seinem Screen anschaut."

Nico trägt keinen Hoodie und kein Paar Sneakers, er trägt CrossFit-Schuhe, Shorts und das T-Shirt seiner Million-Dollar-Idee. Und er steht nicht zur Keynote auf einer Bühne, sondern auf dem Kunststoffboden von Reebok CrossFit Nürnberg, dem Fitnessstudio in der Lenkersheimer Straße, in dem man keinesfalls von einem Fitnessstudio sprechen sollte.

Als hier, zwischen einem Mauermörtelhändler und einem Ausstatter von Spielhallen, vor sieben Jahren eine hochwertig ausgestattetes Trainingszentrum eröffnet wurde, war CrossFit ein Fremdwort. Mittlerweile ist die Box eine von mehr als 200 Boxen in Deutschland, dazu kommen die Fitnessstudios, die funktionelles Training anbieten. An sie alle hatte Nico Bade gedacht, als er in der Küche seiner WG saß.

Ein Event für alle Sportler

Eine Million Dollar hat ihm seine Idee noch nicht gebracht, schon gar nicht mehrere Millionen. Aber der Einfall, den Wettkampf-Kalender von CrossFittern um die Fitness-Bundesliga zu bereichern, hat sich bereits in seinem zweiten Jahr zu einem beeindruckenden Event entwickelt. Nico Bade steht in der Nürnberger Box inmitten von Werbebanden in mintgrün, die den Wettkampf- vom Zuschauerbereich trennen. Dort wo normalerweise Familienmütter und -väter ihre Midlife-Krisen ausleben, Studenten und optimierte Gutverdiener erstaunlich fit werden und bleiben oder Menschen ganz einfach Spaß daran haben, ihre körperlichen Grenzen zu verschieben, findet an diesem Sonntag eine von acht Region Battles statt, so etwas wie die Bayerische CrossFit-Meisterschaft, bei der man sich für das Finale der Fitness-Bundesliga qualifizieren kann.

Der Name ist dabei nicht zufällig gewählt, denn Nico Bade will nicht nur CrossFitter ansprechen, die normalerweise zu Throwdowns und Battles antreten, sondern "auch Turner, Leichtathleten, Kletterer, Schwimmer, eigentlich alle, die sich fit halten. Wenn ich zu meiner Oma komme und sage, dass ich bei einem Throwdown Dritter geworden bin, sagt sie, haste toll gemacht, hier kriegste nen Kuchen. Aber wenn ich sage, ich bin Dritter in der Bundesliga, dann kann auch meine Oma etwas damit anfangen." Bundesliga, das soll bei Kaffee und Kuchen jeder verstehen. Die Bundesliga will niemanden ausschließen. Die Mannschaft des Gastgebers ist dafür eine Art Testimonial.

Mütter und Ü35-Athleten

CrossFit-Bundesliga: Von der WG-Küche zum Event

© Foto: Bade/Fitness-Bundesliga

"Die Ansage war, dass die ganze Box mitmachen soll", erzählt Kristina Kette von Reebok CrossFit Nürnberg, die es liebt, Trainerin zu sein, an diesem Sonntag aber Athletin ist. "Und somit auch Leute die Chance haben, sich zu qualifizieren, die es sonst nicht machen, was bei uns tatsächlich auch der Fall ist. Gerade als Coach finde ich geil, dass wir Ü35-Athleten dabei haben, eine zweifache Mama, dass unsere Mitglieder auch sehen, dass man nicht drei Stunden am Tag trainieren muss, sondern dass es reicht, in die regulären Klassen zu kommen, um so ein Level zu erreichen."

Kette erzählt von Jakob Gimpl und Sebastian Rockstroh, die sich über vier Workouts im April für das Nürnberger Team qualifiziert hatten, obwohl sie "nur" das normale (keineswegs entspannende) Programm absolviert haben, das ihnen die Coaches von RCFN vorgeben. "Für uns war klar", erklärt Gimpl, "dass das eine Just-for-Fun-Aktion ist." Weshalb Sie "for fun" jeweils 40 Kalorien auf dem Ruderergometer herunterrissen, jeweils 20-al 60 und 50 Kilogramm auf der Langhantel emporrissen und sich synchron durch 40 weitere Burpees quälten. Danach wirkten der Controller und der Anwalt glücklich und stolz. "Wir haben uns vor allem deshalb, voll reingehängt, damit wir dieses Bundesliga-T-Shirt bekommen", sagt Rockstroh lächelnd. und Gimpl ergänzt: "Nachdem wir nun beide unsere Fußball-Leidenschaft nicht mehr in der höchsten Liga ausleben können, müssen wir jetzt eben selbst in der Bundesliga antreten."

Super Stimmung, coole Gemeinschaft

Nach vier Workouts hat das zusammen mit Kette, Annette Wagner, Nina Wünsch, Suanne Beron, Bemjamin Gehrmann, Sahin Kovancisoy zum fünften Rang gereicht, gleichauf mit der Mannschaft aus Würzburg, hinter den Teams aus Bamberg, München, Bayreuth und München, aber nicht zur Qualifikation für die Playoffs im Oktober. Stolz und glücklich waren sie trotzdem alle, Der Startupper Nico, Coach Kette und Moritz Sanders, der mit den Nürnberg Falcons im April ebenfalls in eine Bundesliga aufgestiegen ist, in die Basketballbundesliga, der regelmäßig in der Bamberger Box trainiert und der in die Lenkersheimer Straße zum Anfeuern gekommen ist. "In der Box ist immer Super-Stimmung, eine coole Gemeinschaft, es war klar, dass ich komme, wenn die mal einen Wettkampf haben, sagt der 2,10 Meter lange Sanders, der alle Workouts hätte mitmachen können, "nur hätte ich sehr viel länger dafür gebraucht."

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