Das Derby steht an: Zwischen Abstiegsangst und Rivalität

12.6.2020, 05:44 Uhr
Das Derby steht an: Zwischen Abstiegsangst und Rivalität

Langjährige Fans des 1. FC Nürnberg bangen um den Klassenerhalt. Wobei Marion Meßinger, die ein Blumengeschäft in der Altstadt betreibt, schon einmal Touristen darüber reden hörte, dass für Club-Fans ein Derbysieg wichtiger sei als der Ligaverbleib. "Aber das stimmt natürlich nicht, es ist wichtiger, nicht abzusteigen." Und das Spiel am Samstag habe eine enorme Bedeutung, meinen die Fans. "Wir sind verdammt dazu, zu punkten", sagt zum Beispiel Stefan Helmer, und schiebt dann nach: "Eigentlich müssen wir gewinnen."

Stefan Schatz, der schon 1986 gemeinsam mit seinem Großvater ins Stadion ging, weist auf das schwierige Restprogramm der Nürnberger hin. Eine Niederlage gegen Fürth wäre schon deshalb fatal, weil unter anderem mit Aufstiegsaspirant Stuttgart und den ebenfalls gefährdeten Wiesbadenern noch schwierige Aufgaben auf den Club warten. "Ich befürchte, das wird eine ganz enge Kiste bis zum Schluss", sagt Schatz, der dem fünfköpfigen Vorstand des "Supporters Club Nürnberg", dem mitgliederstärksten Fanklub des Altmeisters, angehört. "Ich hoffe, dass es gutgehen wird und wir am Ende über dem Strich stehen."

Nur drei Punkte Vorsprung

Derzeit ist das noch der Fall, der Club hat als Tabellen-15. aber nur drei Punkte Vorsprung auf den Karlsruher SC, der nach aktuellem Stand in die Relegation mit dem Dritten der Dritten Liga müsste. Die Fürther müssen noch gegen den KSC spielen. "Vielleicht gewinnen sie gegen Karlsruhe und verlieren gegen uns, das wäre eine schöne Form der Nachbarschaftshilfe", sagt Bernd Siegler, der mehrere Standardwerke zur Geschichte des 1.FC Nürnberg verfasst hat. Die Vergangenheit lehre indes, dass eine solche Unterstützung über die Stadtgrenzen hinaus zumeist ausbleibt: "Fürth ist gegen uns immer bis in die Haarspitzen motiviert", sagt Siegler.

"Da war immer enormer Druck im Kessel", erinnert sich auch Helmer. Der 41-Jährige, einer der Chefautoren des Online-Fanmagazins Clubfans United, denkt, dass in diesem ganz speziellen Fall die Abwesenheit der Fans kein Nachteil sein muss. "Wenn es nach 15 Minuten 0:1 steht und vielleicht welche pfeifen, könnte das die Mannschaft verunsichern." Egal, wie der Tabellenstand aussieht – im Derby sei immer Fürth der Underdog, glaubt Helmer.

Eben jenen Außenseitern drückt Manfred Endebrock traditionell die Daumen. "Ich bin Gewerkschafter, da ist man immer auf der Seite der Kleinen", sagt der 71-jährige frühere Bezirksvorsitzende von Verdi. Insofern hegt er auch Sympathien für die Kicker aus der Nachbarstadt, zumal er früher Spieler kannte, die vom TSV Johannis 83 zum Kleeblatt gewechselt waren.

Sympathien für drei Vereine

Andererseits ist Endebrock aber auch Mitglied des Fanklubs "Sozis für den Club", die Nürnberger mag er also auch. Als Kind, erinnert er sich, habe er seine Haare nach dem Vorbild des damaligen Club-Verteidigers Paul Derbfuß schneiden lassen, der ein Freund der Familie war. "Die Fanfeindschaft habe ich nie verstanden", sagt Endebrock. In seiner Brust schlagen indes gleich drei Herzen, weil er aufgrund familiärer Verbindungen nach Niedersachsen auch noch den VfL Osnabrück im Blick behält – der aber ebenfalls das rettende Ufer noch nicht erreicht hat.

Fürth dagegen fehlt nur noch ein Zähler zu jenen 40 Punkten, die auf jeden Fall zum Klassenerhalt reichen dürften. Endebrock könnte daher mit einem Remis gut leben. Die anderen wollen den Club siegen sehen.

Marion Meßingers Hund, der Boxer Max, ist Maskottchen der Abteilung für soziale Projekte des Vereins – die 56-Jährige hofft schon deshalb auf den Klassenverbleib, damit diese Initiativen nicht Sparzwängen zum Opfer fallen. In der Dritten Liga müsste der Club den Gürtel enger schnallen. Sie denkt aber, dass der Ruhmreiche den Abstieg vermeiden kann. "Andere spielen auch dusslig."

Die Historie spendet Trost

Helmer geht ebenfalls davon aus, "dass wir drinbleiben", aber "wir sollten schnellstmöglich aus dem Keller rauskommen". "Wir brauchen eine Mannschaft, die füreinander einsteht", sagt Schatz. Von den Namen her sei der Kader gut besetzt, aber die Leistungen spiegelten das nicht wider. "Hoffentlich vergeigen wir es nicht", meint er mit Blick auf den Samstag. Helmer tippt auf ein 1:0. "Wir schießen ja keine Tore wie am Fließband." Siegler sagt, dass er durch den bisherigen Verlauf der Saison seinen sonstigen Optimismus eingebüßt habe.

Aber in der Historie findet der 62-jährige Buchautor Trost: Immerhin hat der Club am 13. Juni 1920, also am Samstag vor 100 Jahren, seine erste Meisterschaft eingefahren – mit einem 2:0 gegen Fürth. "Deswegen tippe ich auf ein 2:0." Die Nürnberger Fans wären nicht traurig, falls sich Geschichte wiederholt.


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