Das nächste Großprojekt: ORH prüft Grundstückskauf für die TU Nürnberg

1.2.2021, 18:30 Uhr
Das nächste Großprojekt: ORH prüft Grundstückskauf für die TU Nürnberg

© Bischof & Broel

Demnächst wird der Landtag einen Brief des Obersten Rechnungshofs (ORH) erhalten. Tenor des Inhalts: Bayern hat das Grundstück an der Brunecker Straße für die neue Technische Universität Nürnberg (TUN) zu einem deutlich überzogenen Preis gekauft. Und es ist gut möglich, dass das Land damit gegen die eigene Verfassung verstoßen hat.

Der Vorwurf ist heftig, den die Prüfer dem Freistaat machen. Sie betonen zwar in ihrer Stellungnahme, dass die verfassungsrechtliche Frage noch offen sei und höchstrichterlich geklärt werden müsse. Doch "nach Auffassung des ORH spricht einiges dafür, dass dies beim Überwertankauf des Grundstücks Brunecker Straße der Fall war."

Hintergrund: Der Freistaat unterhält ein so genanntes Grundstockvermögen. Das muss er in seiner ganzen Substanz erhalten, so schreibt es die Verfassung vor. Will er dennoch Vermögen entnehmen, aus welcher Notwendigkeit heraus auch immer, muss der Landtag dafür ein eigenes Gesetz verabschieden und den Verkauf genehmigen. Das ist in diesem Fall unterblieben.

Zweites Großprojekt

Die Prüfer des ORH nehmen regelmäßig und in der Regel von sich aus die großen Ausgabenposten im Staatshaushalt unter die Lupe. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass sie derzeit die Vorgänge rund um die Nürnberger Zweigstelle des Deutschen Museums prüfen. Vermutlich im März werden sie wohl dazu ein Ergebnis vorlegen, wie sie das hundert-Millionen-Projekt einschätzen. Jetzt wurde publik, dass sie auch das zweite Nürnberger Großprojekt durchleuchten, den Bau der neuen TUN.


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Bereits 2019 hatte der Preis des 37,5 Hektar großen Areals an der Brunecker Straße eine große politische Rolle gespielt. Das Land zahlte rund 90 Millionen Euro für das Gelände samt seiner abbruchreifen Gebäude. Externe Gutachter taxierten den Preis für das Areal allerdings auf etwa die Hälfte. Der Freistaat kaufte trotzdem und finanzierte einen Teil der Kosten über das Grundstockvermögen.

Der ORH wirft den politisch Verantwortlichen nun vor, sie hätten nicht nachgewiesen, dass der deutlich höhere Preis auch wirtschaftlich vertretbar ist. Sie hätten "weder nachgewiesen, dass der Überwertankauf in fachlicher und liegenschaftlicher Hinsicht die einzig wirtschaftliche Möglichkeit der Bedarfsdeckung ist, noch dass er die wirtschaftlichste Alternative darstellt." Zudem seien "wesentliche Verfahrensschritte" nicht eingehalten worden.

Tatsächlich war der Ankauf des Areals politisch umstritten und Gegenstand ausführlicher Debatten im Parlament und in der Stadt. Die Verantwortlichen hatten mehrere Alternativen geprüft und dann als ungeeignet verworfen. Am Ende war das Areal in der Südstadt übrig geblieben. Dort soll bis 2024 ein neuer Campus entstehen für bis zu 6000 Studenten. Kostenpunkt des Prestigeprojekts: rund 1,2 Milliarden Euro.

Das bayerische Bauministerium betont auf Nachfrage, die staatseigene Immobilien Freistaat Bayern habe damals mögliche Standorte untersucht und den Markt erkundet. "Dies hat ergeben, dass für die Deckung der staatlichen Bedarfe am Markt keine Alternative zum Grundstück an der Brunecker Straße vorhanden war." Das habe auch die Stadt so gesehen. Dass der Kaufpreis über dem Gutachten lag, bestätigt das Ministerium. Dies sei "ausnahmsweise zulässig", wenn dies "die einzig wirtschaftliche Möglichkeit der Bedarfsdeckung darstellt und ohne Alternative ist".

Umfassend eingebunden

Anders als der ORH hält das Finanzministerium die Vorgänge um den Grundstückskauf politisch für aufgearbeitet und für korrekt abgewickelt. Der Landtag sei über den Haushaltsausschuss "umfassend informiert und eingebunden" gewesen, heißt es in einer Stellungnahme. Der Ausschuss habe das "Grundstücksgeschäft einstimmig, also mit Zustimmung sämtlicher damals im Landtag vertretenen Parteien" mitgetragen.

Dass der ORH dem Ministerium einen Verfassungsbruch vorwirft, sorgt dort für Empörung. "Die Äußerungen irritieren sehr", sagt ein Sprecher. Der ORH überschreite "die Grenzen der Auslegung der Bayerischen Verfassung". Allerdings bestreitet das Ministerium nicht, dass es Mittel aus dem Grundstockvermögen entnommen hatte. Das sei "dem Haushaltsausschuss im Vorfeld der Genehmigung kommuniziert" worden. Das Entnahme sei bereits über den Haushalt wieder ausgeglichen.

Finanzminister war damals noch Markus Söder. Die Idee zur TU Nürnberg stammte von Ministerpräsident Horst Seehofer, der sie nach einer Kabinettssitzung in Nürnberg präsentiert hatte. Das Projekt ist nicht unumstritten. Fachleute bemängeln, dass es bereit die Technische Hochschule in Nürnberg gebe und dazu die Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und Nürnberg.

So oder so wird sich erneut der Landtag damit beschäftigen. Der ORH gibt seinen Befund als so genannte "Beratende Äußerung" an den Landtag weiter, ebenso an die Staatsregierung. Damit liegt der Ball wieder im Feld der Politik.

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