Das würden Nürnberger ohne deutschen Pass wählen

23.9.2017, 17:22 Uhr
Das ist der Wahlvorstand: Laura Kolland (Citizens for Europe), Stephan Doll (DGB), Dimitrios Krikelis (Integrationsrat) (von rechts nach links).

© Ute Möller Das ist der Wahlvorstand: Laura Kolland (Citizens for Europe), Stephan Doll (DGB), Dimitrios Krikelis (Integrationsrat) (von rechts nach links).

Die erste Bundestagswahl ist schon gelaufen. In Nürnberg leben 100.000 Menschen ohne deutschen Pass, die morgen keine Stimme haben. 755 von ihnen haben bei einer symbolischen Wahl mitgemacht. Hier kommen die Ergebnisse. Rund 12 Prozent der bayerischen Bevölkerung dürfen bei der Bundestagswahl nicht abstimmen, weil sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Für die Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns (Agaby) mit Sitz in Gostenhof ein "Demokratie-Defizit", auf das sie aufmerksam machen möchten.

In sieben bayerischen Städten Bayerns fanden deshalb symbolische Wahlen statt. In Nürnberg konnte zwei Wochen lang in zwölf Wahllokalen abgestimmt werden. Jetzt liegen die Ergebnisse vor: 755 Menschen beteiligten sich an der symbolischen Wahl. Im Nürnberger Süden liegt bei den Erststimmen Direktkandidat Martin Burkert (SPD) klar vorne, gefolgt von Stefan Gerbig (Linke) und Sascha Müller (Grüne). Schlusslicht ist Michael Frieser (CSU). Im Norden liegt Titus Schüller (Linke) vor Gabriela Heinrich (SPD), mit deutlichem Abstand folgen Sebastian Brehm (CSU) und Britta Walthelm von den Grünen. Bei den Zweitstimmen liegt im Nürnberger Süden die SPD mit 73 Stimmen vor der Linken (30 Stimmen), den Grünen (29) und der CSU (21).Im Norden schneidet ebenfalls die Linke am besten ab mit 161 Stimmen. Dahinter folgt die SPD (139), die Grünen (69) und die CSU (50).

Stephan Doll: Hohe Beteiligung ist erfreulich

Bei der symbolischen Wahl wurde auch an die tatsächlich Wahlberechtigten gedacht. Sie konnten darüber abstimmen, ob sie für oder gegen die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Migranten sind. 763 solcher Solidaritätsstimmzettel wurden abgegeben, 84,1 Prozent der Teilnehmenden sprachen sich für ein Wahlrecht für alle Migranten in den Kommunen aus. "Das und die hohe Beteiligung bei der symbolischen Wahl sind sehr erfreulich", sagt Stephan Doll, DGB-Geschäftsführer in Mittelfranken, der mit im Wahlvorstand saß. Nicht nur Eylem Gün von DIDF Nürnberg, der Föderation demokratischer Arbeitervereine, hat in den zwei Wahlwochen am Info-Stand erlebt, wie emotional viele auf die Möglichkeit reagierten, zum ersten Mal in Deutschland ihre Stimme abgegeben zu können.

Wenn auch nur symbolisch. "Das hat mich sehr überrascht", sagt Gün. "Sie waren glücklich, weil sie sich endlich zumindest in dieser Form beteiligen konnten. Viele möchten politisch ihre Meinung zeigen." Die Ergebnisse aller symbolischen Wahlen werden von Agaby und anderen Aktiven in den nächsten Wochen politisch kommuniziert. "Wir möchten uns auf diese Weise weiter für die Rechte der Menschen ohne deutschen Pass einsetzen", sagt Agaby-Geschäftsführeri Réka Lörincz.

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