Senioren über die Pandemie

"Dauerwelle": Wie Ältere Corona sehen - und überstehen

22.6.2021, 09:18 Uhr
Präsentieren die "Corona-Dauerwelle"-Publikation - mit vorbildlichem Abstand (v.li.n.re.): Nürnbergs Sozialreferentin Elisabeth Ries, Seniorenamtsleiterin Anja-Maria Käßer und ihre Vertreter Klaus Schmitz.

© NNZ Präsentieren die "Corona-Dauerwelle"-Publikation - mit vorbildlichem Abstand (v.li.n.re.): Nürnbergs Sozialreferentin Elisabeth Ries, Seniorenamtsleiterin Anja-Maria Käßer und ihre Vertreter Klaus Schmitz.

"Wir waren in unseren vier Wänden eingesperrt. So fanden wir heraus, dass die Welt, auf welcher wir leben, uns lautstark und mit all ihren Kräften anschrie", schreibt Myriam Rohner über die kurze Verschnaufpause, die das Einfrieren vor allem des Reisens der Erde bescherte. "Viele jammern, manche werden kreativ. Verluste, Verluste...", gehören für Rosemarie Pearson zu den wichtigen Beobachtungen.

Voller Optimismus blickt die 82-Jährige auf die Zeit nach Corona. Dann, so ihre Überzeugung, werden "manche Menschen glücklicher, zufriedener, nachdenklicher sein. Ich gehöre dazu". Und eine 67-Jährige, die anonym bleiben will, hält fest: "Unsere Kinder trafen wir per Videokonferenz, unsere Nachbarn regelmäßig am Küchenfenster. Aber die Kuh ist noch nicht vom Eis."

Es sind nur drei von vielen Stimmen, die das Nürnberger Seniorenamt in einer hübschen Publikation zu Wort kommen lässt. Die Auswahl ist nicht wirklich repräsentativ, aber in der Zusammenschau ergeben sie doch ein erstaunlich vielfältiges und buntes Bild - vom Stress ständiger Absagen und Verschiebungen bis zu neu und wieder entdeckten Beschäftigungen wie Handarbeiten.

"Paternalistische Sicht"

"Lange Zeit ging es in der Pandemie nur um die Maßnahmen, und ältere Bürgerinnen und Bürger wurden vor allem als 'vulnerable Gruppe' gesehen", sagt Sozialreferentin Elisabeth Ries. Gegen diese zum Teil "ziemlich paternalistische Sicht" wollte die Stadt einen "Kontrapunkt" setzen und die Menschen ihre eigene Sicht auf die Pandemie schildern lassen.

Dazu hatte das Seniorenamt schon im vergangenen Jahr, nach der ersten Corona-Welle, mehrere hundert ältere Nürnbergerinnen und Nürnberger angeschrieben und sie zum Mitmachen eingeladen. Auch um den Blick über die besonders heikle und kritische Heimsituation hinaus auszudehnen. "Angesprochen wurden Leute, die zum Beispiel als Kursteilnehmer oder über die Seniorennetzwerke bekannt waren", erläutert Anja-Maria Käßer, die seit März das Seniorenamt leitet. Dann durchkreuzte die zweite Welle die zunächst für Herbst geplante Veröffentlichung. Zum Jahreswechsel startete deshalb eine zweite Befragungsrunde - und die Entwicklung gab auch den Anstoß für den Titel "Meine Corona-Dauerwelle".

Die Erzählungen, Tagebuch-Einträge und Kommentare belegen, wie gut es vielen gelungen ist, die Corona-Pandemie nicht nur passiv durchzustehen, sondern aktiv zu bleiben und sich gegenseitig zu stärken. Am meisten vermisst wurden Freundschaften, Familienkontakte, auch Kultur und Reisen sowie Kurse, die Tagen und Wochen eine feste Struktur geben. "Unterm Strich unterscheiden sich die 85-Jährigen gar nicht so von den 25-Jährigen", fasst Anja-Maria Käßer den Eindruck zusammen. Ein wenig Absicht steckt freilich schon dahinter: Die Veröffentlichung ist nicht nur als Zeit- und Stimmungsdokument gedacht, sondern soll durchaus auch anregend wirken, Mut machen und zeigen, dass sich niemand ausgeliefert fühlen muss.

Kurse laufen wieder

Für spürbare Erleichterungen sorgen unterdessen die jüngsten Öffnungsschritte. So können und dürfen im Treff Bleiweiß wie auch bei den Seniorennetzwerken wieder Kurse, vor allem auch zu Sport und Bewegung, angeboten werden, unter anderem zu Sturzprophylaxe und Gedächtnistraining. "Manchmal bieten sich auch Flächen im Freien dafür an, in den Höfen oder Gärten", erläuterte Klaus Schmitz, der stellvertretende Leiter des Seniorenamts. "Der Zuspruch ist groß, viele haben schon darauf gewartet, dass es wieder losgeht."

Zuversicht und Freude soll auch ein Sommerkonzert vermitteln, das in diesem Jahr wieder möglich ist: Am Mittwoch, 7. Juli, spielen junge Künstlerinnen und Künstler der Hochschule für Musik im Kreuzigungshof des Heilig-Geist-Spitals. Um alle Hygienevorgaben einhalten zu können, stehen freilich weniger Plätze zur Verfügung als in früheren Jahren. Karten zum Preis von sieben Euro sind nur nach telefonischer Reservierung (mit Angabe aller Kontaktdaten) erhältlich: am Dienstag und Mittwoch, 22. und 23. Juni, jeweils zwischen 9 und 14 Uhr unter Telefon 09 11 / 2 31-66 60-83 06. Eine Tageskasse für Restkarten werde es nicht geben, betont das Seniorenamt.

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