Die Bienen in der Stadt haben ein leichteres Leben

28.8.2013, 07:44 Uhr
Die Bienen in der Stadt haben ein leichteres Leben

© Scherer

Wie schlimm ist es um die Bienen bestellt, Herr Seyfferth?

Christian Seyfferth: Derzeit ist das Nahrungsangebot sehr bescheiden. Es ist die problematische Zeit, in der fast nichts mehr blüht, speziell am Land, wo oft Monokulturen wie Mais dominieren. Auch die Straßenränder werden gemäht und gemulcht. Da haben Blühpflanzen keine Chance.

In den Städten scheint der Tisch fast besser gedeckt zu sein.

Seyfferth: Das ist fast ein wenig paradox, stimmt aber. In Städten mit Parks, Friedhöfen, Kleingärten oder Blumen auf den Balkons tun die Bienen sich leichter.

Welche Rollen spielen die Blühwiesen, die inzwischen fast in jeder Landkreis-Kommune zu finden sind?

Seyfferth: Wir Imker haben diese Flächen mit dem Gartenbauverein in Stein initiiert. Die Stadt war da Vorreiter und hat uns damals auch mit dem Umweltpreis bedacht. Grundlegend sind solche Areale sehr zu begrüßen. Heuer aber hatten sie es sehr schwer, aufgrund der langen Trockenphase sind die Wiesen nicht richtig hochgekommen. Insgesamt gesehen sind sie natürlich eher ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eine deutliche Ausweitung dieser Blühflächen, wie ursprünglich angekündigt, wäre dringend nötig.

Apropos Wetter. Der lange kalte Winter, das nasse Frühjahr: Verschärft das die Situation der Bienen?

Seyfferth: Heuer ist ein schwieriges Jahr, und das beruht auf mehreren Faktoren. Ein knackiger Winter macht den Bienen wenig aus, wenn sie gut eingefüttert und gegen die Varroamilbe behandelt sind. Schwierig war die lange Regenphase. Wenn es regnet, fliegen Bienen nicht, sammeln keinen Nektar, sondern verbrauchen ihre Vorräte im Stock. Das größte Problem für mich ist aber nach wie vor die Varroamilbe.

Diese Milbe schädigt sowohl die Bienen als auch die Brut. Wie schwer ist es, den Befall in den Griff zu kriegen?

Seyfferth: Wir arbeiten mit Ameisensäure im Sommer in Kombination mit Oxalsäure im Winter. Bei uns im Verein haben wir das Problem zu über 90 Prozent im Griff, ein paar Ausfälle gibt es aber immer. Problematisch wird es, sollte eine neu geplante Biozidverordnung der EU greifen, die Handel und Erwerb von Ameisensäure verbieten oder zumindest stark einschränken will. Dabei ist das eine organische Säure, die im Stoffwechsel von Pflanzen und Tieren vorkommt und im Laufe der Behandlung komplett verdampft. Ein möglicher Mangel an Ameisensäure zur Hauptbehandlungszeit wäre sehr gefährlich, daraus könnte sich ein wahrer Flächenbrand mit einer immensen Gefahr für Bienenvölker entwickeln. Dann droht ein Massensterben.

Zur Verbesserung des Nahrungsangebots fordert das Netzwerk die Landwirte auf, jetzt auf den Feldern sogenannte Zwischenfrüchte, also Blühpflanzen, auszubringen. Was halten Sie davon?

Seyfferth: Das wäre wünschenswert. Und zwar auch schon vorher, beispielsweise an den Rändern der Maisfelder, um auf diese Weise eine Biotopvernetzung zu schaffen. Nur Maispollen, das taugt auf Dauer für die Biene nicht. Wenn Sie jeden Tag Schäufele essen, ist das auf Dauer auch nicht gesund.

Und welche Bedeutung hat der Raps, dessen Anbau ebenfalls merklich zurückgegangen ist?


Seyfferth: Raps müsste im überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Gesetz unbedingt wieder gefördert werden, auch mit Blick auf regionale Ölmühlen und die Nutzung von Rapsöl in dezentralen Blockheizkraftwerken sowie in extra umgerüsteten Autos und landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Für die Bienen ist der Raps ebenfalls wichtig, obwohl die neuen Sorten, anstatt wie früher bis zu vier, jetzt nur noch zwei Wochen blühen. Auch das Klima ist problematisch. Ist es zu trocken, gibt die Rapspflanze keinen Nektar ab und die Bienen verhungern vor dem blühenden gelben Feld.

Bienen spielen für Fauna und Flora eine sehr wichtige Rolle. Müssen wir irgendwann einmal Pflanzen von Hand bestäuben, wie es in China bereits der Fall ist?

Seyfferth: Das habe ich im Film „More than honey“ gesehen. Da stehen Menschen mit Tütchen voller Pollen und Pinseln vor Bäumen und bestäuben die Blüten – verrückt. Ich hoffe nicht, dass es bei uns so weit kommt. Wenn man sieht, was dort in China an Umwelt zerstört wird, leben wir hier bei uns noch fast im Paradies.

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