Die neue Uniform kratzt: Polizei-Gewerkschaft macht Druck

23.10.2018, 11:47 Uhr
Ganz in dunklem Blau arbeitet die bayerische Polizei mittlerweile. Doch die neuen Uniformen machen Probleme.

© Harald Sippel Ganz in dunklem Blau arbeitet die bayerische Polizei mittlerweile. Doch die neuen Uniformen machen Probleme.

Rund 1,2 Millionen Uniform- und Ausrüstungsteile haben Bayerns Polizeibeamte neu bekommen. Erste Beschwerden gingen schon Ende 2017 ein, sagt Rainer Nachtigall, der Landesvorsitzende der DPolG. In den zurückliegenden Monaten nahm die Kritik in sozialen Netzwerken sowie in Mails an die Gewerkschaft weiter deutlich zu. Nicht wenige Kollegen hätten den Eindruck gewonnen, dass die Uniformen, die für den sechsmonatigen Trageversuch beschafft worden waren, deutlich besser waren als das Material, das jetzt flächendeckend ausgeliefert wurde, sagt Nachtigall.


Alte Uniformen der Polizei werden zu Taschen


Dies wäre durchaus denkbar. Denn die österreichischen Uniformteile, die während des Trageversuchs von Mitte bis Ende 2014 zum Einsatz kamen, stammten von österreichischen Herstellern. Die Rückmeldungen der rund 500 Versuchsbeamten waren so eindeutig, dass das Modell Österreich am Ende den Zuschlag bekam – mit der einen oder anderen Bajuwarisierung, versteht sich. Die rund 1,2 Millionen Teile hingegen, die 2017/18 an alle Polizeibeamten im Freistaat ausgegeben wurden, hat das Logistikzentrum Niedersachsen ausgeliefert.

Dass an der Produktion solch großer Mengen mehr als ein Hersteller beteiligt sein dürfte, liegt auf der Hand. Qualitätsschwankungen sind damit beinahe programmiert. Das gab es schon einmal bei der bayerischen Polizei, als die damaligen Kleiderkammern Ende der 1990er Jahre geschlossen und die Beschaffung von Uniformen in privatwirtschaftliche Hände gelegt wurde: für einige wenige Jahre in die des Unternehmens Quelle, dann in die eines auf Schutz- und Dienstbekleidung spezialisierten Lieferanten in Nordrhein-Westfalen. Je nach Einkauf und Lieferant variierte die Qualität fortan spürbar – was schon damals kritische Stimmen laut werden ließ.

Die aktuellen Uniform-Probleme lassen sich auf zwei mögliche Ursachen zurückführen, sagt Nachtigall. Entweder die Ausschreibung oder deren Qualitätsvorgaben waren nicht bestimmt genug. Oder die Hersteller liefern schlechtere Qualität als in der Ausschreibung festgelegt – und die Eingangskontrollen der Polizei sind unzureichend. So oder so müsse für die Zukunft ein Qualitätsmanagement installiert werden, "das die Eingänge stichprobenartig überprüft", fordert der DPolG-Chef. Idealerweise werde dafür eine Musteruniform als Teil der Ausschreibung eingeschweißt, die dann für Qualitätsvergleiche herangezogen werden könne.

Auch Sachsen und Thüringen haben Interesse

Leisten könnte dies wohl am ehesten ein bayerisches Logistikzentrum, das der Gewerkschaft schon seit längerem vorschwebt. Ein wirtschaftlicher Betrieb wäre durchaus möglich, zumal ein solches Zentrum unter dem Strich lediglich eine "schwarze Null" erreichen müsste. Das hat eine Projektgruppe des Polizeipräsidiums Oberfranken mit der Uni Bayreuth unlängst festgestellt. Voraussetzung dafür wäre, dass alle Ausschreibungen der Polizeipräsidien im Freistaat dort zusammengefasst würden.

Nichts Ungewöhnliches bei der bayerischen Polizei: Schon heute werden Einsatzfahrzeuge überwiegend über das Präsidium Unterfranken beschafft. Ähnliches gilt für den IT-Bereich, die Beschaffung der Bodycams oder der neuen Dienstpistole, der SFP9 von Heckler & Koch, die bis Ende 2019 flächendeckend eingeführt werden soll. "Nur die Uniform wird von der bayerischen Polizei nicht selbst ausgeschrieben", unterstreicht Nachtigall.

Für ein bayernweites Logistikzentrum müssten laut Gewerkschaft schon bald die Weichen gestellt werden. Der Vertrag mit Niedersachsen läuft bis Ende 2021 und müsste ein Jahr zuvor gekündigt werden. Ein Start 2022 hätte den Vorteil, dass die bayerische Polizei dann vorerst keine großen Neueinführungen mehr plant. Das Logistikzentrum könnte also in den Alltagsbetrieb einsteigen, um sich nach und nach aller Beschaffungsbereiche von der Büroklammer bis zum Hubschrauber anzunehmen – und dabei Qualitätssicherung nach österreichischem Vorbild betreiben. Langfristig sei es sogar denkbar, Dienstleister für andere Bereiche zu werden, zumal aus Sachsen und Thüringen Interesse an der Beteiligung an einem Logistikzentrum signalisiert wird.

Das bayerische Innenministerium hält jedoch an Niedersachsen als Uniform-Lieferanten fest. Das könnte sich ändern, wenn die negativen Rückmeldungen anhalten. Denn inzwischen hat das Ministerium eine Servicestelle bei der Bereitschaftspolizei eingerichtet, die alle Kritikpunkte sammeln und aufbereiten soll.

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