Wird saniert? Nürnberger Volksbad steht zur Entscheidung

19.10.2020, 16:48 Uhr
Noch liegt der Prachtbau am Plärrer im Dornröschenschlaf. Wenn alles nach Plan verläuft, können die ersten Schwimmer 2024 hier ihre Bahnen ziehen.

© Eduard Weigert, NN Noch liegt der Prachtbau am Plärrer im Dornröschenschlaf. Wenn alles nach Plan verläuft, können die ersten Schwimmer 2024 hier ihre Bahnen ziehen.

Das Nürnberger Volksbad spielt in einer Liga, in der die Verantwortlichen nicht mit einigen Milliönchen kalkulieren, sondern gleich mit zig Millionen Euro. Genauer gesagt sind es nach neuesten Berechnungen 55.664.000 Euro, die es kosten soll, um das denkmalgeschützte Jugendstil-Gebäude wieder zum Leben zu erwecken. Nach Abzug aller Förderzusagen durch den Freistaat Bayern und den Bund sitzt die Stadt immer noch auf einem Riesenbetrag von 30 Millionen Euro, den sie selbst stemmen muss.

„Die unendliche Geschichte kommt langsam auf die Zielgerade“, sagte Ministerpräsident Markus Söder bei einer Pressekonferenz Anfang Oktober. Noch vor zwei Jahren habe er nicht an eine Realisierung gedacht. Er bedankte sich ausdrücklich bei Bürgermeister Christian Vogel und bei Alt-OB Uli Maly für ihr Volksbad-Engagement. „Dafür war ein langer Atem nötig.“ König bedankte sich beim Bund und beim Freistaat. Von den auf 55 Millionen Euro geschätzten Kosten übernimmt der Freistaat 18 Millionen Euro der Bund 7,5 Millionen Euro und die Stadt rund 30 Millionen Euro. Der Betreiber ist die Stadt, der Eintritt wird vergleichbar viel kosten wie in den anderen Nürnberger Bädern.

Eine glänzende Zukunft

Weil das Coronavirus auch Nürnbergs Stadtsäckel geleert hat, bangten viele Unterstützer einer Volksbad-Sanierung um ihr Herzensprojekt. Doch mit dem Auftritt von Ministerpräsident Markus Söder im Volksbad Anfang Oktober scheint klar: Das heruntergekommene Gebäude an der Rothenburger Straße hat eine glänzende Zukunft. Wenn der Stadtrat mitspielt. Am 21. Oktober stimmt er endgültig über das Objekt ab.

Die Unterstützung des Stadtrats zu dem auf 55 Millionen Euro geschätzten Sanierungsprojekt dürfte allerdings sicher sein, denn CSU und SPD habe schon Zustimmung signalisiert. OB Marcus König (CSU) freute darüber, dass es nach jahrelangen Diskussionen doch noch mit der Sanierung des Volksbads aus dem Jahr 1914 klappt: „Wir geben der Stadt ein Stück Identität zurück.“ Nürnberg habe insgesamt zu wenig Wasserflächen. Seit 1994 steht das Volksbad leer.

Seit Mai 2019 gibt es eine Projektgruppe, die sich um Machbarkeitsstudien und Planungen kümmert. Diese präsentierte Anfang Oktober die Ergebnisse ihrer Arbeit. "Eine unendliche Geschichte kommt langsam auf die Zielgerade", zeigt sich Söder optimistisch.

Wellness statt "Spaßbad"

„Jedes Kind soll schwimmen lernen“, darin waren sich König und Ministerpräsident Markus Söder einig. Architektonisch wird es keinen Rückbau zu einer reinen „Jugendstilperle“ (Söder) geben. Es wird ein Mix aus Elementen des Jugendstils, der fünfziger Jahre und der Moderne sein. Vogel verwies darauf, dass es bei dem Projekt nicht nur um die Sanierung des Volksbads geht: „Es ist ein Stück Stadtreparatur am Plärrer. Die Straße und die angrenzenden Häuser werden auch neu gestaltet.“ In den vergangenen Jahren habe es immer neue Hürden für das Projekt gegeben.

Das riesige Gebäude von 1914 wird ein modernes, barrierefreies Schwimmbad. Weil es dem Denkmalschutz genügen muss, werden die Veränderungen auf den 62.058 Quadratmetern Fläche behutsam sein und dennoch spektakulär ausfallen. Wir stellen drei Neuerungen vor.

Das ist neu und spektakulär

1. Die ehemalige Frauenschwimmhalle ist von beeindruckender Architektur, mit Rundbögen und einer herrschaftlichen Treppe. Die Halle wird umgebaut in ein Warmbecken mit Sprudelliegen, Massagedüsen, mit Whirlpool und einem Rondell mit Sitzbank. In den Umgängen und den ehemaligen Duschbereichen entstehen Liege- und Ruhebereiche, dort werden auch verschiedene Saunakabinen und Anwendungen untergebracht. Außerdem gibt es ein Hamam, Dampfbad, Ruheraum mit Licht- und Klanginstallationen. Hier können sich bis zu 150 Personen gleichzeitig aufhalten.

2. In den Innenhof wird ein dreigeschossiges "Möbel" eingestellt: eine Konstruktion aus Glas und Stahl, das exakt an die bestehenden Räume anschließt. Durch diesen raffinierten Kniff entstehen große, durchgängige und besser nutzbare Flächen. In dem Möbel kann man sitzen und essen. Der Zugang erfolgt durch die Fenster. Weil das maßgefertigte "Möbel" theoretisch wieder herausgehoben werden kann, hatte auch die Denkmalschutzbehörde keine Einwände.

3. Die Halle, in der das Vereinsschwimmen untergebracht ist, kann sich in einen Raum für Events und Tagungen verwandeln. Am Grund des Schwimmbeckens befindet sich ein spezieller Hebeboden, der bei Bedarf hydraulisch angehoben wird und dann oben mit dem Fußboden abschließt. Platz ist dort für 150 Personen zuzüglich Personal.

Das Nürnberger Volksbad wurde 1914 eröffnet, um die hygienischen Verhältnisse in der wachsenden Stadt zu verbessern. Damals war es das größte Hallenbad Deutschlands und das modernste in Europa, zeitweise hatte es eine Million Besucher im Jahr. Zwei Weltkriege erschwerten den Betrieb, aber schon kurz nach 1945 knüpfte das Volksbad an seine erfolgreichen Jahre an. In den 70er Jahren machten ihm die modernen Hallenbäder Konkurrenz, 1994 wurde das Volksbad geschlossen.

Das Gebäude war danach Kulisse für Fotoshootings, Techno-Partys und entwickelte sich zum begehrten Motiv für Fotografen, die auf der Suche nach "lost places" sind, nach verlassenen Plätzen. Hier geht es zu einem virtuellen Rundgang durch das Volksbad.

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