Die Welt durch einen Schleier sehen

18.5.2018, 18:50 Uhr
Die Welt durch einen Schleier sehen

© Foto: Michael Compensis

Eine höchst aufwendige Form der Farbfeldmalerei präsentiert die Nürnberger Künstlerin Birgit Bossert. Auf den Oberflächen ihrer meist relativ kleinformatigen Bildtafeln scheint sich die Farbe wie eine Art Nebel (oder wie eine Blütenstaubwolke) vom Zentrum aus zu den Rändern hin ausgebreitet zu haben. Tatsächlich ist dieser Effekt aber das Ergebnis einer geduldigen Verteilung von Buntstift-Abrieb. Mit ihren jüngsten Arbeiten, die sie durchweg als "Himmel" bezeichnet, wendet sich die Künstlerin von der bisher gepflegten strikten Einfarbigkeit ab. Es entstehen neuerdings Bildkompositionen aus horizontalen Streifen, die entfernt an die Himmelsfärbung an Föhntagen im Alpenvorland erinnern.

Eine durchaus ähnliche Atmosphäre vermitteln die mit einer historischen Sofortbild-Kamera realisierten Fotografien von Michael Compensis. Alles Dargestellte wirkt seltsam verfremdet und wie durch einen Schleier betrachtet. Die eigenwilligen Bildausschnitte und die durch die Entwicklerchemikalien bedingten Farbveränderungen verstärken den Eindruck von Unwirklichkeit. Erst beim zweiten oder dritten Blick wird das Motiv vage erkennbar. Das hat aber etwas sehr Poetisches. Wenn Träume fotografierbar wären, dann würden sie zweifellos ähnlich aussehen.

Wunderbar schwerelos-transparent und doch ganz nützlich und konkret sind schließlich die Glaskunst-Objekte des Nürnbergers Cornelius Réer, welche die Arbeiten von Bossert und Compensis hier wirklich sinnvoll ergänzen. Einfache, klare und in jedem Fall funktionsgerechte Formen hat der Künstler an seinem Schmelzofen mit einer ungemein subtilen Farbgebung verbunden. Alles ist handwerklich-individuell, zeitgemäß und dennoch zeitlos schön.

ZSlow Art Galerie, Weinmarkt 12, bis 9. Juni. Mi.–Sa. 13–19 Uhr.

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