Tödliche Schüsse

Doppelmord in Gebersdorf: Ankläger sieht besondere Schwere der Schuld

7.12.2021, 18:00 Uhr
Doppelmord in Gebersdorf: Ankläger sieht besondere Schwere der Schuld

© Daniel Karmann, dpa

Ibrahim D. (67) fühlte sich gekränkt - und deshalb, so der Vorwurf der Anklage, erschoss er am 21. November 2020 zwei Menschen. Aus der U-Haft geschmuggelte Briefe an seine Söhne belegen: Der Mann fühlt keinerlei Reue. Am Donnerstag soll das Urteil gesprochen werden - und die Schwurgerichtskammer könnte die besondere Schwere der Schuld des Ibrahim D. feststellen.

Bewährung nach 15 Jahren möglich - nicht bei besonderer Schwere der Schuld

Das Strafgesetzbuch kennt für Mord nur eine Strafe: „Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft." Frühestens nach 15 Jahren kann die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Anders, wenn das Gericht eine besonders schwere Schuld erkennt - dann kann Ibrahim D. nicht mit einer vorzeitigen Entlassung rechnen. Im Durchschnitt erhöht sich die Haftdauer auf 24 Jahre.

Der 67-Jährige, davon ist Staatsanwalt Daniel Hader überzeugt, handelte besonders verwerflich. Ibrahim D. erschoss seine Ehefrau (63) und einen langjährigen Bekannten (62). Eine heimtückische Tat - begangen aus niedrigen Beweggründen. Ibrahim D. glaubte, seine Noch-Ehefrau Sevda D. pflege mit Erkan J. (die Namen der Betroffenen sind aus Gründen des Opferschutzes geändert) ein Verhältnis. Für ihn eine Ehrverletzung.

Eifersucht und Ehrverletzung als Motiv

Ibrahim D. bestreitet Eifersucht als Motiv, über seine Rechtsanwälte erklärt er, sich gesorgt zu haben, dass Taxifahrer Erkan J. die Taxiunternehmerin Sevda D. finanziell über den Tisch ziehen würde - nur deshalb sei er an jenem Samstagvormittag des 21. November 2020 am Einkaufszentrum Röthenbach in das Taxi des Erkan J. gestiegen, habe sich zu Sevda nach Gebersdorf chauffieren lassen und sie per Telefon auf die Straße gebeten.

Doch die Frau habe ihm seine Mühen nicht gedankt, so zog er die Pistole. Peter Betz, Professor für Rechtsmedizin, stellte bei Sevda D. einen Streifschuss am rechten Ohr fest, sie starb an einem Schädeldurchschuss. Und mit der 9-mm-Pistole wurde auch Erkan J. getötet.

Die Verteidiger Michael Löwe und Thomas Skapczyk beschreiben eine Tat im Affekt, die Mordmerkmale "Heimtücke" und "niedrige Beweggründe" sehen sie nicht, sie beantragen daher eine Verurteilung wegen Totschlags - die Höhe der Strafe stellen sie in das Ermessen des Gerichts.

Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden

Ein Urteil will die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth am Donnerstag sprechen.

Ursprünglich war mit einer längeren Beweisaufnahme gerechnet worden - bis die Söhne des Ibrahim D. plötzlich Briefe vorlegten, Ibrahim D. hat sie in der U-Haft verfasst und der Inhalt lässt nur wenig Spielraum zur Interpretation.

Ibrahim D. fühlt sich noch immer als Opfer. "Ich bin nicht der Schuldige. Ich habe nur ausgeführt. Wenn ihr mir Unrecht tut, werdet ihr euer ganzes Leben leiden", schrieb er an seine Söhne, seine "beiden Schätze".

Um 10.47 Uhr fielen in der Bibertstraße Schüsse. D.s jüngerer Sohn rannte schockiert auf die Straße - gerade hatte er mit seiner Mutter noch beim Frühstück gesessen. Nun lag sie in ihrem Blut auf dem Asphalt. Erkan J. saß tot hinter dem Steuer.

Geständnis mit pseudoreligiösen Anmerkungen

Was Ibrahim D. zu der Tat trieb? Die Briefe, verfasst im Mai und im September 2021, enthalten ein Geständnis, gespickt mit pseudoreligiösen Anmerkungen. Er sei nur der Täter, schuldig sei er nicht, schrieb er.

Sevda D. wollte sich zur Ruhe setzen, das Taxi und die Konzession verkaufen, die Hälfte des Erlöses sollte an Ibrahim D. gehen. Doch D., so schilderten Zeugen, hatte sich einen höheren Verkaufspreis eingebildet und unterstellte Erkan J. Betrug.

Er hat zwei Menschen getötet - doch sieht sich als Opfer

Ibrahim D. hat bereits eingeräumt, dass er zwei Menschen getötet hat, weil er sich von ihnen gekränkt fühlte - und doch sieht er nur ein Opfer: sich selbst.

Am Donnerstag will die Schwurgerichtskammer am Landgericht Nürnberg-Fürth das Urteil sprechen. Ibrahim D. ist voll schuldfähig, Psychiater Michael Wörthmüller hat Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder eine hirnorganische Erkrankung ausgeschlossen. Die Gutachten der Rechtsmedizin belegen: Ibrahim D. war zum Tatzeitpunkt nüchtern, er hatte weder Alkohol getrunken noch Drogen konsumiert.

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