"Ein bisschen Mama": Fränkin päppelt Eichhörnchen auf

10.9.2017, 05:55 Uhr

© Fotos: Stefan Hippel

Wenn Romy Heinicke über ihre "Hörnchen" spricht, glänzen ihre Augen. Und sie hat viel zu erzählen – da kommt ein Außenstehender manchmal nur schwer mit. Wenn sie einen ihrer Schützlinge in den Händen hält, hat sie ein liebevolles Lächeln auf den Lippen – wie es nur Mütter haben können. "Ich bin nicht nur Pflegerin, sondern auch ein bisschen Mama."

Eine solche muss sie für die Tiere auch sein, zumindest eine Zeit lang. Die 41-Jährige betreibt eine private Eichhörnchen-Pflegestelle des Tierschutzvereins Noris. Sie kümmert sich um verwaiste, verletzte oder kranke Tiere, die Passanten zuvor entdeckt und zu Noris gebracht haben. Ehrenamtlich päppelt sie die Eichörnchen auf, bis sie wieder in die Natur entlassen werden können.

In ihrer Wohnung in Kleinreuth lebt sie nicht nur mit ihrem Mann, sondern hat derzeit auch zwölf weitere kleine Mitbewohner. In diesem Jahr habe sie besonders viel zu tun, erzählt Heinicke. Um rund 40 Hörnchen musste sie sich seit Frühling bereits kümmern – das sind so viele wie 2016 insgesamt. Deshalb rief Noris kürzlich zu Nussspenden auf, weil diese heuer besonders schnell weggehen. Dass so viele Tiere Hilfe brauchen, liegt laut Heinicke auch an der baulichen Verdichtung. Denn das bedeutet zunehmend weniger Nahrung.

Die drei jüngsten Schützlinge sind fünf Wochen alt. Und dementsprechend geschützt in einer Transportbox im Wohnzimmer untergebracht, die mit einer Decke ausgelegt ist. Sie sind an Bandwürmern und Durchfall erkrankt, nachdem sie bei einem Sturm vom Baum gefallen sind. Als Heinicke die Decke anhebt, murren sie verschlafen. Als die Eichhörnchen-Mama aber eines der Tierchen auf den Arm nimmt, scheint der Unmut über das Wecken aber schnell verflogen. Denn das bedeutet: Fressen!

Fütterungsintervalle werden streng eingehalten

Alle fünf bis sechs Stunden bekommen die Tiere Milch. Die Fütterungsintervalle werden streng eingehalten, alles in einem Notizbuch dokumentiert, sagt Heinicke. Dazu gehört auch, dass sie die Jungen schon mal mit ins Büro mitnimmt – in einem Säckchen, das sie sich um die Brust hängt. Ihre Kollegen hätten Verständnis, erklärt sie lachend dazu. Gefüttert werden die Babys mit echter Eichhörnchen-Milch: Die bestellt Noris extra aus den Niederlanden – und die ist nicht billig. So sei garantiert, dass die Sorgenkinder die Milch auch vertragen. "Die meisten Tiere kommen auf letzter Reserve hierher." Da zählt jede Stunde.

© Fotos: Stefan Hippel

Auf dem Balkon geht es lebendig zu. Hier hält Heinicke die älteren, gesünderen Tiere. Zwei toben in einer mit Spielzeug übersäten Voliere. Der Käfig werde ihnen langsam zu klein, erklärt die Ehrenamtliche. Deshalb würden sie nun in das Außengehege am Waldrand umgesiedelt. Wenn es den Tieren besser geht, werden sie dort Stück für Stück ausgewildert, indem sie im natürlichen Umfeld ihre Instinkte entwickeln. Meist können sie nach fünf bis sechs Wochen wieder ganz in die Wildnis entlassen werden. Ob Heinicke das dann nicht schwerfällt? "Man lernt, loszulassen." Man dürfe nie vergessen, dass es sich um Wildtiere handele.

Wilma lässt es in ihrem Käfig auf dem Balkon ruhiger als ihre zwei tobenden Artgenossen angehen. Das Hörnchen kam mit zertrümmerter Nase und gebrochen Vorderpfoten zur Auffangstation. Es ist wohl beim Springen abgerutscht und auf einer Kellertreppe aufgekommen. In der Tierklinik meinten die Ärzte, dass einschläfern die bessere Wahl wäre. Das aber ließ Heinicke nicht gelten, sie nahm das Sorgenkind auf. "Jedes Hörnchen hat eine zweite Chance verdient", sagt sie. "Und die meisten sind richtige Kämpfer." Wilmas Wunden sind mittlerweile verheilt. "Sie hat sich prächtig entwickelt." Wenn das Tier bald ausgewildert wird, habe es genauso große Überlebenschancen wie alle anderen auch.

Sorgen bereiten der Expertin weniger die Vier- als vielmehr die Zweibeiner. Es sei ein zunehmendes Problem, dass Menschen die gefundenen Eichhörnchen einfach als Haustier behalten – "weil sie ja gar so niedlich sind". Doch: "Was da alles dranhängt, ist vielen nicht klar." Um die Wildtiere möglichst artgerecht gesundpflegen zu können, hat sie eine Prüfung vor dem Veterinäramt abgelegt. Darin wurde sie über Rechte, Biologie und Anatomie abgefragt.

Wer ein hilfsbedürftiges Tier findet, der sollte sich in jedem Fall an jemanden wenden, der sich damit auskennt. Und erst noch mal prüfen, ob das Tier auch wirklich Hilfe braucht. Das betont auch Daniela Rickert, die Tierärztin vom städtischen Veterinäramt. Außerdem verstößt es gegen das Bundesnaturschutzgesetz, wenn jemand die Nager einfach mit nach Hause nimmt: Danach darf man besonders geschützte Tierarten, zu denen das Eichhörnchen zählt, nicht einfach fangen oder in Besitz nehmen. Denn wie so oft schaden viele Menschen damit mehr. Wer Tieren – ob krank oder gesund – etwas Gutes tun will, der kann in den Garten eine kleine Schale mit frischem Wasser und Obst bereitstellen.

Tierschutzverein Noris, Cottbuser Straße 12, 90453 Nürnberg, = 6 32 32 07, in Notfällen: = 01 78/ 8 83 25 30, TSV-Noris@gmx.de

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