Einkaufshochburg? Nürnbergs Handel hofft auf frischen Wind

9.4.2019, 05:37 Uhr
Hat die Kundenfrequenz in der Fußgängerzone nachgelassen? Diese Frage treibt die Handelshäuser um.

© Horst Linke Hat die Kundenfrequenz in der Fußgängerzone nachgelassen? Diese Frage treibt die Handelshäuser um.

Insgesamt habe die Frequenz deutlich nachgelassen, findet Sabine Janssen, Geschäftsführerin des Buchhauses Thalia in der Karolinenstraße. Und vertraut lieber auf eigene, kontinuierliche Erhebungen als auf punktuelle Zählungen von einschlägig im Immobiliengeschäft engagierten (und daher an umsatzfördernden Daten interessierten) Beratungsgesellschaften.

So hatte zuletzt Jones Lang LaSalle (JLL) eine Studie vorgelegt, wonach auf der Nürnberger Haupteinkaufsmeile nicht weniger los ist als in den Vorjahren. Ihr Fazit: Dass es in den Innenstädten ruhiger zugehe, weil mehr Kunden den Bestellhandel nutzen, lasse sich nicht bestätigen.

Zweckoptimismus hilft nicht weiter

Oder kommen die Leute nur seltener in die Läden hinein? Das erscheint auch Uwe Werner, Bezirksgeschäftsführer im Handelsverband Bayern, wenig plausibel. Er verweist auf Beobachtungen etlicher Mitglieder, die den Frequenzverlust in den vergangenen fünf Jahren auf bis zu zehn Prozent beziffern. "Dabei sehen wir uns nicht als notleidend", stellt Janssen klar. Zweckoptimismus und Schönrechnerei helfe jedoch nicht weiter, mahnt sie eine ehrliche, nüchterne Bestandsaufnahme an und verweist als Musterbeispiel auf das Weihnachtsgeschäft. "Wenn ich höre oder lese, alles sei super gelaufen und die Läden seien voll gewesen, deckt sich das jedenfalls nicht mit unseren Beobachtungen", stellt sie fest.

Offenkundig wollen sich die Inhaber und Geschäftsführer nicht allzu sehr in die Karten schauen lassen oder gar sich eine Blöße geben – aus Sorge, Negativmeldungen könnten die Probleme noch verschärfen. Um gegenzusteuern, war einst die Händlerinitiative "Erlebnis Nürnberg" gegründet worden. Zusätzlich hat das Wirtschaftsreferat vor drei Jahren zwei City-Manager berufen. Doch öffentlich ist der Verein zuletzt weniger in Erscheinung getreten. Tatsächlich habe man auf kräftezehrende Aktionen wie etwa Kinder-Samstage verzichtet und sich stattdessen beispielsweise auf einen hochkarätigen Einkaufsführer konzentriert, der auch bei Touristen gefragt ist, erläutert Klaus Harl, Geschäftsführer von Küchen Loesch.

Alle verweisen auf immensen Spardruck

"Wir müssen alles ehrenamtlich stemmen, größere Vorhaben überfordern uns", gibt der Vorsitzende Jürgen Schlag zu bedenken. Zudem hat die Händlerinitiative empfindliche Einbußen zu verkraften – denn ausgerechnet einige größere Betriebe haben sich zurückgezogen oder lassen ihre Mitgliedschaft zumindest ruhen, darunter Breuninger, C&A und Wöhrl. Alle verweisen auf den immensen Spardruck und Konzernentscheidungen, bundesweit aus einschlägigen Initiativen auszusteigen. Dennoch nehmen Vertreter verschiedener Häuser wie etwa Kaufhof weiter an Beratungen teil. Mit offener Kritik an zu geringer Wirkung wagt sich bisher niemand aus der Deckung.

Damit die Verbindungen nicht abreißen und um sich abzustimmen, haben sich inzwischen acht Firmen ("big 8") zu einem informellen Kreis zusammengeschlossen, berichtet City-Manager Reto Manitz. Frische Ideen und neue Aktivitäten zur weiteren Belebung der Innenstadt sind gefragt, die Lange Einkaufsnacht zur Internationalen Orgelwoche (ION) findet buchstäblich Anklang, wirkt aber noch als einsamer Leuchtturm.

Freiburg gilt als Vorbild

Hilft der Blick über den Tellerrand in andere Städte – wie das als besonders erfolgreich geltende Freiburg? "Ein Patentrezept hat keiner", sagt Manitz. Klar sei nur: "Die Städte, die aktiv etwas tun, stehen gut da." Und der Handel müsse auch selbst investieren – wie gerade das Beispiel Freiburg zeige. 

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