Einsätze nach Bombenfunden: Geldsorgen bei BRK, ASB und Co.

21.2.2020, 09:22 Uhr
Einsätze nach Bombenfunden: Geldsorgen bei BRK, ASB und Co.

© Foto: Ralf Rödel

Ein Jahr ist es her, als Bauarbeiter auf eine Weltkriegsbombe mit einem gefährlichen Langzeitzünder stießen. Am 18. Februar 2019 gegen 10.12 Uhr kratzte eine Baggerschaufel am rostigen Metall des 250-Kilo-Sprengkörpers, der auf einem Grundstück an der Proeslerstraße im Stadtteil Höfen schräg im Erdreich lag. Die Bergung des Relikts war schwierig, das Stück hätte durch den Langzeitzünder unkontrolliert explodieren können. Der Katastrophenfall wurde ausgelöst, die Nachbarstadt Fürth war auch massiv betroffen. Kurz nach 23 Uhr ließ der Kampfmittelräumdienst den Blindgänger der Royal Air Force sprengen.

Weit über 13 Stunden dauerte der Einsatz, weit mehr als 2000 Kräfte waren im Einsatz. Darunter auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK), Malteser, die Johanniter-Unfallhilfe und der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Die Hilfsorganisationen evakuierten Häuser, versorgten die rund 5000 vorübergehend wohnungslos gewordenen Bürger in provisorisch eingerichteten Zentren (etwa in Schulen). Bei solchen Einsätzen sind sie auch immer in Bereitschaft, falls doch etwas passiert und es Verletzte gibt.

Doch die Hilfsorganisationen blieben teilweise auf ihren Kosten sitzen, zumal das Land Bayern, das im Katastrophenfall für die Kostenerstattung zuständig ist, nur etwas mehr als die Hälfte der gesamten Auslagen abdeckt. "Fallen etwa Ausgaben in Höhe von 10.000 Euro an, so tragen wir einen Eigenanteil von 2500 Euro. Von der Differenz in Höhe von 7500 Euro übernimmt der Freistaat 80 Prozent, wir können also bei diesem Beispiel nur 6000 Euro geltend machen", rechnet Michael Seitz, Referent des Regionalvorstandes bei den Johannitern, vor.

Das sind keine neuen Berechnungsformeln, allerdings schlägt es bei den Hilfsorganisationen immer kräftiger zu Buche, wenn bei Bauarbeiten Bomben im Boden gefunden werden. So wurde im vergangenen Jahr im Stadtgebiet drei Mal Bombenalarm ausgelöst. "Man sagt, dass in Nürnberg noch Tausende solcher Blindgänger im Erdreich schlummern", sagt Seitz.
Am 29. Juli 2019 schaufelte ein Baggerfahrer bei den Sanierungsarbeiten im Wöhrder See einen Blindgänger herauf. Auch hier lief das komplette Programm an. 2500 Anwohner im Stadtteil St. Jobst mussten ihr Zuhause verlassen. Stunden später erst gab der Sprengmeister Entwarnung. Am 19. September 2019 schlugen Polizei und Feuerwehr wieder Alarm. Abermals hatte ein Baggerfahrer ein Weltkriegsrelikt auf der Schaufel. Diesmal auf einer Baustelle an der Lohestraße im Stadtteil Thon. Der Sprengmeister legte einen Evakuierungsradius von 1000 Metern fest, rund 9000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

"Auf Kante genäht"

Die beiden zuletzt beschriebenen Bombenfunde lagen allerdings unterhalb der Schwelle, bei der Katastrophenalarm ausgelöst wird. In diesen Fällen ist die Stadt Nürnberg und hier die Berufsfeuerwehr für die Erstattung von Auslagen zuständig. "Die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Kosten werden von uns erstattet", sagt Feuerwehrsprecher Thomas Schertel.
"Alle nachgewiesenen Sachkosten bekommen wir erstattet", kontert Michael Seitz von den Johannitern auf Nachfrage. Dazu zählen etwa der Sprit für Einsatzfahrzeuge, Verbrauchsmaterial und die Verpflegung evakuierter Personen. Alle Auslagen müssen die Hilfsorganisationen fein säuberlich belegen.


Bombenfund in Nürnberg: Wer zahlt eigentlich für Schäden?


Geht es aber um Personalkosten, sieht es anders aus. Im Falle eines Bombenfundes alarmieren die Hilfsorganisationen ihren Stamm Ehrenamtlicher. Arbeitgeber wie Siemens, Datev oder kleinere Handwerksbetriebe müssen ihre Mitarbeiter, die auch freiwillige Helfer bei ASB, BRK & Co. sind, für Großeinsätze freistellen. Die Kosten, die durch den Personalausfall entstehen, können die Arbeitgeber bei der Stadt geltend machen. Das trifft aber nicht auf die Hilfsorganisationen zu. "Wir stellen zum Beispiel unser Personal, das in der Verwaltung oder in der IT-Abteilung arbeitet, auch zur Verfügung – und bekommen dafür nichts", klagt Seitz.


Martin Amon, Geschäftsführer des ASB in Nürnberg, pflichtet Seitz bei: "Das ist bei uns auch auf Kante genäht." Außerdem spüre man immer stärker, wie schwer es sei, für Einsätze wie bei den Bombenfunden Freiwillige zu mobilisieren. "Uns brechen die Ehrenamtlichen generell weg", sagt er.

Wie es aussieht, wird es in Zukunft mehr solcher Einsätze geben. Es fehlt Wohnraum, in der Stadt wird nachverdichtet, die Bagger rollen. Für die Hilfsorganisationen heißt das, dass ihr Defizit steigt. Michael Seitz: "Das geht an unsere Substanz."

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