Entspannt bis giftig

5.11.2007, 00:00 Uhr
Entspannt bis giftig

© Stefan Hippel

Wenn der Club mal wieder gewonnen hätte, dann, ja dann hätte Heinz Köhl in seinem Garten die Vereinsfahne gehisst. «Das mach’ ich nach jedem Sieg.» Nur gibt der 1. FC Nürnberg dem Köhls Heinz momentan kaum Anlässe für Feier-Beflaggung in Schwarz-Rot. Was nichts daran ändert, dass Köhl die Niederlage gegen Stuttgart und das Pokal-Aus noch recht gelassen nimmt. Der 63-Jährige grinst, macht dann seine Jacke auf und stellt sein Fan-Trikot zur Schau, das sich über einen kleinen Bauchansatz wölbt. «Mir sin des doch gwohnd», souffliert Hans Jänsch (66) von der Seite. Und der Dritte im Bunde des Fanklubs aus Veitshöchheim, Erwin Dütsch (67), der selbstverständlich dank Dauerkarte kein Heimspiel versäumt, nickt sehr energisch.

So schnell lassen sich die Fans nicht unterkriegen. Dass die Emotionen Achterbahn fahren, das kennen sie schließlich. Neulich erst, da war die Mannschaft doch noch ganz oben, «a Sommermärchen hodds gschriem», sagt Siegfried Schneider, der Vize-Präsident des Vereins, in der Fan-Sprechstunde vor dem Heimspiel am Samstag; in der der verletzte australische Spieler Matthew Spiranovic Autogramme schreibt und Fragen beantwortet (Schneider: «Er hodd ,Servus‘ gsodch. Des find iich ganz doll.») Und jetzt, jetzt ist die Mannschaft eben wieder unten, im Tabellenkeller. Bis zur Winterpause geben viele Fans dem Team noch. Schonfrist zur Spielfindung. Dann müsse es bergauf gehen. Das sagen zumindest die Drei aus Veitshöchheim.

«Dumm aus der Wäsch’»

Andere sind schon längst nicht mehr so entspannt. Club-Vize Schneider bekennt: «Iich konn nachds nimmer schlafn. Des kennas ruhig schreim!» Und Karl-Heinz Schmidt aus der Oberpfalz, der seit 40 Jahren zum Club geht, meint: «Die Stimmung ist angespannt.» Ihn wurmt, dass Spieler freigestellt werden für Länderspiele, die dann verletzt zurückkommen und auf der Bank sitzen. «Aber sie spielen doch für den Club, und dafür werden sie bezahlt», schimpft er in der Fan-Sprechstunde. «Wenn Sbieler verletzd kumma, schausd scho dumm aus der Wäsch’», entgegnet Schneider. Nur habe der Club keine andere Wahl. Er sei verpflichtet, die Spieler freizustellen.

Jeder will das nicht verstehen. Und auch das Spiel gegen Jena liegt dem einen oder anderen noch schwer im Magen. «Manche woarn a bissla gifdig», räumt der Vize-Präsident ein.

Der Mangel an Helden erklärt vielleicht die Sammelwut, mit der die Nordkurve für die Max Morlock-Statue vor dem Spiel Geld eintreibt. Ein Drittel der Summe, die das Denkmal kosten wird, sei schon zusammen, heißt es. Lebensgroß und in Bronze soll Max Morlock im Stadion stehen, «der sein Leben lang dem FCN treu blieb», schwärmen die Fans.

Andere bleiben treu bis über den Tod hinaus: «Ich will nicht im Totenhemd im Sarg liegen, sondern im 1.FCN-Jogginganzug», sagt ein Fan, der lieber anonym bleiben will. Und meint das todernst.