„Er ist misslungen, aber man kann noch nachbessern“

15.6.2012, 00:00 Uhr
„Er ist misslungen, aber man kann noch nachbessern“

© Roland Fengler

„Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir einen Abriss des Zugangs nicht erreichen können, aber sicher einige Verbesserungen“, eröffnet Jürgen Brand, Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes St.Johannis, das Gespräch. Treffpunkt ist der U-Bahn-Zugang im Westen des Friedrich-Ebert-Platzes. Der Beton ist fleckig. Hinter dem steil aufragenden Dach des klotzigen Bauwerks verschwindet das Jugendstilhaus, das früher einmal die Blicke auf sich gezogen hat.

„Er ist misslungen, aber man kann noch nachbessern“

© Fengler/Pfrogner

Auch ein halbes Jahr nach der Eröffnung des U-Bahnhofs haben sich die Nordstädter nicht an den neuen Friedrich-Ebert-Platz gewöhnt. Der monströse Hauptzugang ist neben dem vielen Beton und dem wenigen Grün einer der Hauptkritikpunkte. Und so entlädt sich gleich am Anfang vor Ort der Volkszorn. „Warum geht eine Treppe nach unten und das Dach nach oben?“, fragt einer. Eine Frau schimpft: „Ich war im Vorfeld bei allen Info-Veranstaltungen dabei. Man hat uns Sand in die Augen gestreut, aber nicht aufgeklärt.“ Und: „Mit den Bürgern reden ist ja schön und gut — aber warum nicht, bevor alles zu spät ist?“ Gleiches gelte für den Umbau der Stadtbibliothek.

„Warum so groß und wuchtig?“

„Er ist misslungen, aber man kann noch nachbessern“

Ronald Höfler, Zweiter Sör-Werkleiter, der für die Umsetzung der Planungen mitverantwortlich war, spricht von den „schwierigen Rahmenbedingungen“ und Problemen beim Abstimmungsprozess einzelner Dienststellen bei der Platzgestaltung. Sie wurden vom U-Bahnhof, der Funktionalität des Verkehrsknotenpunktes sowie den Leitungen und Röhren im Untergrund bestimmt.

„Warum musste alles so groß und wuchtig ausfallen?“, fragt eine Zuhörerin. „Der Aufgang ist an der falschen Stelle, die Gestaltung kommt noch erschwerend dazu“, unterstreicht der Ortsvorsitzende. „Der Auftrag an die Stadträte lautet nun, es beim U-Bahnhof Klinikum Nord besser zu machen.“ Tobias Schmidt vom Vorstadtverein Nürnberg-Nord bedauert: „Das Problem ist, dass die Verwaltung leider eine zu große Lücke zwischen den ersten Entwürfen und der Realisierung lässt.“ Die Stimmung ist aufgeheizt. Immer wieder stören Zwischenrufe wie „Märchenstunde“ oder „alles wegsprengen“ die Redner, die man aufgrund des tosenden Verkehrs ohnehin schlecht versteht. Brand ruft die Leute wiederholt zur Räson und bittet darum, sachlich zu bleiben. Es fängt an zu regnen.

Lernen für die Zukunft

Siegfried Dengler, der erst im Mai seine Arbeit im Stadtplanungsamt aufgenommen hat, sagt: „Ich möchte die Platzgestaltung gar nicht rechtfertigen, aber mir sind spontan einige Punkte aufgefallen, die man hinterfragen könnte.“ Es gehe doch jetzt

darum, „was man baulich noch retten kann und was wir für die Zukunft daraus lernen“.

Erst nach über einer halben Stunde beginnt der eigentliche Rundgang, der über den Platz zum Café Mr. Bleck führt. „Wer hat denn dieses Streifenhörnchen genehmigt?“, moniert eine Anwohnerin — und spricht aus, was fast alle Anwesenden hier denken. Lediglich ein junger Mann verteidigt den Neubau, der so gar nicht mit der alten Häuserzeile im Umfeld harmoniert. Auch trauern viele bis heute den großen, alten Bäumen nach, die hier früher standen und den Platz auch optisch aufwerteten.

Es geht um den herumliegenden Müll, die vielen Verkehrsschilder im Kreuzungsbereich, die so manchen Autofahrer überfordern, und die „verwirrende Verkehrsführung“ — wie etwa die ausholende Linksabbiegerspur, die vom Kirchenweg stadtauswärts in die Bucher Straße führt. „Mir ist es selbst schon passiert, dass ich plötzlich der Straßenbahn gegenüberstand“, berichtet ein Anwohner.

Die nächste Station ist die Platnersanlage. Die Fläche diente während des

U-Bahn-Baus als Baustelleneinrichtung. „Man hat sie einfach vergessen, früher war hier ein schönes Blumenbeet“, klagt eine Frau. Der Vorstadtverein und Sör erklären sich spontan bereit, tätig zu werden, wenn noch „Beetpaten“ mit von der Partie sind. Auch soll geprüft werden, ob man nicht die dominierenden Container kaschieren kann.

Nachdem das Parkproblem angesprochen wurde, geht es weiter zum Colleggarten. Die Wellen schlagen wieder hoch. „Braucht es hier wirklich eine Mauer?“, ereifert sich eine Dame. Der Zweite Sör-Werkleiter erklärt, dass es sich dabei um ein bewusstes Gestaltungselement der Gartenplanerin handele, um den Park von der Archivstraße abzugrenzen — und stößt auf Unverständnis.

„Der Park verkommt zum Hundeklo“, beschwert sich eine 73-Jährige, „ich kann mit meinen Enkeln nicht mehr zum Spielen hierherkommen.“ Mehrere Umstehende nicken zustimmend. Höfler lässt sich schnell überzeugen. Es soll hier probeweise eine Hundezone eingeführt werden, kündigt er an. Die Arbeiten im Colleggarten gehen weiter. Der dritte Bauabschnitt widmet sich dem Spielplatz; vor dem Umbau soll es im Sommer noch zwei Nutzerbefragungen geben. Fest steht, dass der Spielplatz größer wird und neue Geräte bekommt. Lediglich die Basketballanlage bleibt erhalten. Die Kosten für die ersten beiden Bauabschnitte belaufen sich auf insgesamt 488000 Euro.

Graue Betonklötze

Am Ende der knapp zweistündigen Veranstaltung nehmen die Vertreter der Stadt mehrere Anregungen mit, um den Platz etwas benutzerfreundlicher zu gestalten. Neben den bereits genannten Punkten soll die Verkehrsbeschilderung unter die Lupe genommen werden. Es wird über die Schaffung eines „grünen Lärmschutzes“ mittels Büschen für die Colleggartenbesucher entlang der Bucher Straße nachgedacht und darüber, ob man die grauen Betonklötze irgendwie verschönern kann. Ebenfalls steht eine Überdachung der Fahrscheinautomaten und des U-Bahn-Zugangs nahe der Archivstraße auf der Merkliste. Der Treppenabgang sei im Winter eine Gefahrenquelle, weiß eine Anwohnerin. „Auch wenn der Platz misslungen ist, kann man an einigen Stellen zumindest etwas nachbessern“, hofft Tobias Schmidt.
 

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