"Es fehlen Wunschwohnungen in Wunschgegenden"

9.3.2013, 10:03 Uhr
Noch nie hatte Nürnberg soviele Einwohner. Die Folge: Wohnungsknappheit.

© Sven Hoppe/Archiv (dpa) Noch nie hatte Nürnberg soviele Einwohner. Die Folge: Wohnungsknappheit.

NZ: In welchen Stadtteilen ist die Nachfrage nach Wohnraum am größten?

Frieser: In der Nordstadt und natürlich im Osten von Nürnberg. Das liegt an den Grünflächen, an der aufgelockerten Bebauung, an der qualitativen Ausstattung der Wohnungen und an der verkehrsgünstigen Lage.

NZ: Was müssen Stadt und Land tun, damit mehr günstiger Wohnraum entsteht? Vor allem für Alleinerziehende: Sie müssen durchschnittlich 43 Prozent ihres Nettoeinkommen für Wohnen ausgeben.

Frieser: Man muss immer zwischen den Problematiken im sozialen Wohnungsbau und denen im frei finanzierten Wohnungsbau differenzieren. Der soziale Wohnungsbau hat ein nicht wegzudiskutierendes Problem: Es laufen immer mehr Bindungen aus. Damit haben wir immer weniger Sozialwohnungen. Die Objektförderung an sich ist sehr teuer. Die Investoren schrecken in der Regel auch davor zurück, weil sich nur mit hohen Mieten die Kosten erwirtschaften lassen. Was kann man tun? Der soziale Wohnungsbau müsste Alleinerziehende, Haushalte, die ein Einkommensproblem oder viele Kinder haben, direkt fördern. Wir brauchen eine gezielte Subjektförderung. Eine flächendeckende Intensivierung des Baus von Sozialwohnungen können sich Kommunen und das Land nicht leisten. Kurzfristig können wir keine Entschärfung im Bereich des sozialen Wohnungsbaus erwarten.

Der frei finanzierte Wohnungsbau hat kein soziales Problem. Sein Hauptproblem ist, dass momentan Wunschwohnungen in Wunschgegenden nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Das heißt, Familien oder Alleinlebende mit einem mittleren bis höheren Einkommen finden in Nürnberg nicht die Immobilie, die sie gerne hätten. Auch Zuziehende, die hier Jobs annehmen, finden ihre Wunschimmobilien nicht in den Lagen, die sie gerne hätten. Das kann man ändern, indem man eben Flächen ausweist. Die Nachfrage besteht vor allem nach Ein- bis Zweifamilienhäusern sowie nach Wohnungen in Häusern mit bis zu sechs Wohneinheiten. Es kommt dabei langfristig zu Sickereffekten. Wer in eine neu gebaute Wohnung zieht, der macht in der Regel eine Wohnung in einem günstigeren Segment frei.

NZ: Es fehlen große Wohnungen für Familien. Angesichts der Baupreise weiß man gar nicht, wer solche Wohnungen bauen soll, damit sie für Familien mit drei, vier Kindern noch bezahlbar sind. Wie kann man die Situation verbessern?

Frieser: Ich muss diese Familien in die Lage versetzen, dass sie sich solche Wohnungen leisten können. Möglich sind Umzugsbeihilfen. Denkbar wäre aber auch, dass nach einem Umzug von einer Drei-Zimmer-Wohnung in eine Fünf-Zimmer-Wohnung befristet ein Teil der Miete übernommen wird. Es baut derzeit keiner diese Wohnungen. Warum investiert seit vier, fünf Jahren niemand mehr in dieses Segment? Weil die Rendite-Marge so gering ist, dass die Neubau-Finanzierung nicht mehr getragen werden kann.

NZ: Früher haben auch viele Mittelständler Miethäuser gebaut, um ihre Rente abzusichern. Gibt es das Phänomen überhaupt noch?

Frieser: Zunehmend nicht mehr. Wir vertreten viele private Vermieter. Sie müssen mindestens mit zwei, zweieinhalb, drei Prozent Profit rechnen können, damit sich eine Investition rechnet. Derzeit ist es aber weniger. Außerdem haben wir das Problem, dass die Rahmenbedingungen für das Vermieten schwieriger werden. Wir haben neue Diskussionen über Deckelungen der Miete, bei Problemmietern dauert die Räumung viel zu lange. Der Vermieter, gerade wenn er Geld aufgenommen hat, kommt zunehmend in Schwierigkeiten, seine Kapitalfinanzierungen zu leisten, wenn er ein oder zwei Problemmieter hat. Die Risikobereitschaft, Investitionen in den Mietwohnungsbau zu tätigen, lässt deshalb nach.

NZ: Warum hat die Nürnberger Südstadt bei Mietern eine eher schlechtes Image?

Frieser: Dort, wo Stadtsanierung funktioniert, wächst das Interesse an Lagen in der Südstadt. Man muss sie weiter aufhübschen.

NZ: Elf Prozent der Kosten für die energetische Sanierung können pro Jahr auf die Miete umgelegt werden. Auch die energetische Sanierung treibt die Mieten in die Höhe. Die Mieter verstehen aber oft nicht, warum die Sanierung gleich im großen Stil gemacht wird.

Frieser: Das ist eine Modernisierungsmieterhöhung. Nicht alles, was diese energetische Sanierung kostet, darf der Vermieter auch auf die Miete umlegen. Man darf aber nicht sagen, dass die Modernisierung den Mieter zum Beispiel 150 Euro kostet, wenn er dabei dann 60, 70, 80 Euro an Heizenergie einspart. Die Energieeinsparverordnungen zwingen uns zum Beispiel beim Fensteraustausch, die Fenster nicht nur teilweise, sondern unter Umständen alle auszutauschen, wenn mehr als zehn Prozent dieser Bauteile verändert werden. Das gilt auch für die Fassade und das Dach. Danach müssen die aktuellen Werte der Energieeinsparverordnung eingehalten werden. Ein Fensteraustausch hat deshalb nicht viel Sinn, man muss das Dach und die Fassade mitmachen. Sinnvolle energetische Planung heißt, ich kann mich nicht auf kleinteilige einzelne Maßnahmen beschränken, sondern muss eigentlich den großen Wurf riskieren, und der ist für den Mieter absolut belastend.

NZ: Ist die Umwandlung von Wohnraum in Eigentumswohnungen in Nürnberg ein Problem?

Frieser: Nein. Es gibt eine Kündigungssperrfrist. Das heißt, wenn eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft wird, dann kann der Erwerber dieser Wohnung den Mieter elf Jahre lang nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Die Wohnungsumwandlungen sind deshalb fast zum Erliegen gekommen. Neue gesetzliche Regelungen sind deshalb nicht nötig.

NZ: Es wird derzeit diskutiert, Kappungsgrenzen von 20 auf 15 Prozent zu reduzieren. Wohnungsmieten dürften dann innerhalb von drei Jahren nicht höher angehoben werden.

Frieser: Bei dieser Diskussion steht der Sondermarkt München im Vordergrund. Kappungsgrenzen sind das falsche Instrument, um den Wohnungsbau zu fördern. Sie schaffen durch mietrechtliche Reglementierungen keine einzige neue Wohnung. Und sie verhindern auch nicht, dass es einen Anstieg der Mietpreise gibt. Wenn in Nürnberg eine Mieterhöhung gemacht wird, dann richtet sich diese nach dem Nürnberger Mietspiegel. Dieser bildet aber nicht die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt ab. Er bildet einen Querschnitt aus den vergangenen vier Jahren und wirkt bremsend bei den Erhöhungen. In Nürnberg braucht es keine Kappungsgrenzen. Es würde diejenigen Vermieter treffen, die Wohnungen unterhalb der ermittelten Werte im Mietspiegel anbieten.

NZ: Wie sind die Mieten in Nürnberg gestiegen? Gibt es eine Mietpreisexplosion?

Frieser: Nein. Wir haben in Nürnberg einen Anstieg von zweieinhalb Prozent pro Jahr in den letzten vier Jahren. Nach der Wiedervereinigung hatten wir in zwei Jahren schon mal 23 Prozent. Bei einer Inflation von 1,5 bis zwei Prozent kann ich nicht bei 2,5 Prozent pro Jahr von einer Mietpreisexplosion reden. Dass es die Mieter trifft, wollen wir aber nicht wegdiskutieren. Mietenexplosion wäre aber eine Übertreibung. Bei den Mietpreisen liegt Nürnberg im Vergleich zu anderen Großstädten nach einer Studie des Instituts Empirica auf Platz 23.
 

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